- Eva Vögtli: Das Cabaret Voltaire wurde 1916 von jungen Künstler:innen und Literat:innen ins Leben gerufen und war somit die Geburtsstätte von Dada. Die Dadaisti:nnen waren zwischen 20 und 30 Jahre alt, ähnlich wie die sechs Studierenden in «The Red Herring». Sophie Taeuber-Arp, die bekannte Malerin und Pionierin nicht nur von Dada, sondern auch der Abstraktion, hat an der damaligen Gewerbeschule, der heutigen ZHdK, unterrichtet. Waren solche Parallelen ausschlaggebend dafür, dass die Kooperation mit dem ZHdK Master Fine Arts zu Stande kam?
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Salome Hohl: Ja, einerseits gibt es den historischen Aspekt. Junge Kunstschaffende und Studierende waren und sind wichtig für das Cabaret Voltaire. Es war aber auch immer ein Ort des Zusammenkommens und der Diversität. Hier wurde ausprobiert, experimentiert – und schliesslich hat sich Dada etabliert. Ich finde es wichtig, heute sowohl international renommierte Positionen wie beispielsweise Monster Chetwynd zu zeigen, aber auch die Werke von Studierenden, wie in dieser Kooperation.
- Wie seid ihr an das Projekt herangegangen, und was waren die Voraussetzungen?
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Für Studierende ist der Schritt von «Offspace» und Eigeninitiative hin zu einer institutionellen Ausstellung gross. Bei der Auswahl, in Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen des Studiengangs Master Fine Arts, legte ich Wert darauf, dass nebst der Motivation ein Bewusstsein vorhanden war, dass mit einer Teilnahme bei diesem Projekt auch eine Verantwortung betreffend der Geschichte des Hauses einhergeht. Das Cabaret Voltaire ist international noch bekannter als in der Schweiz. Dada wird in Schulbüchern weltweit unterrichtet. In einer Seminarwoche erhielten die Studierenden Inputs zu der Geschichte des Hauses und zum Thema «Kunstkneipen» – ein wichtiges Format in den Künsten, auch ausserhalb von Dada. Zusammen haben wir überlegt, wie eine Kunstkneipe heute aussehen könnte und wie wir eine solche Kneipe gemeinsam gestalten wollen. Es war dann aber auch eine Frage der Durchmischung von Praktiken und Interessen – der Idee, eine gute Balance unter den Studierenden zu erreichen.
- Die Studierenden bringen ihre eigenen Interessen, Praktiken und Herangehensweisen mit. Wie ist es gelungen, ein gemeinsames Thema zu finden?
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Für mich kam es überraschend, leuchtet aber eigentlich ein: In der Vorbereitungswoche konnten wir uns nicht auf ein gemeinsames Thema einigen. Die Master-Studiereden haben alle bereits eine starke eigene Praxis und auch eigene Vorstellungen, wie sie diese weiterentwickeln und sich positionieren wollen. Gleichzeitig stehen sie als junge Künstler:innen noch am Anfang der Karriere – ein sensibler Moment, bei dem man nicht zu sehr «geframed» werden will. Ich denke, dass auch ein gesellschaftlicher und durchaus realistischer Druck besteht, denn die Professionalisierung in der Kunst hat zugenommen – vielleicht auch zulasten des Experimentierens. Ich wurde also auch mit meiner eigenen Naivität konfrontiert.