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    «The Red Herring»

    Aus dem Hochschulmagazin Zett

    Ausstellungsansicht «The Red Herring», Cabaret Voltaire 2024. Photo: Philipp Hänger

    Veröffentlicht am 25.05.2025

    Autor:in Eva Vögtli

    • Fine Arts
    • Campus

    Seit dem 9. November 2024 und noch bis Sommer 2025 sind im Cabaret Voltaire im Zürcher Niederdorf Kunstwerke von Master Fine Arts Studierenden zu sehen. Camille Lütjens, Carlo Travaglia, Elena Barmpa, Ice Wong Kei Suet, Laura Nan und Stéphane Nabil Petitmermet haben die «Künstler:innenkneipe» neu inszeniert. Unter dem Ausstellungstitel «The Red Herring» legen sie falsche Fährten aus und ziehen überraschende Verbindungen zwischen Gegenwart und der Geburtsstätte von Dada. Salome Hohl, Direktorin des Cabaret Voltaire, hat die Studierenden im Entstehungsprozess begleitet.

    Eva Vögtli: Das Cabaret Voltaire wurde 1916 von jungen Künstler:innen und Literat:innen ins Leben gerufen und war somit die Geburtsstätte von Dada. Die Dadaisti:nnen waren zwischen 20 und 30 Jahre alt, ähnlich wie die sechs Studierenden in «The Red Herring». Sophie Taeuber-Arp, die bekannte Malerin und Pionierin nicht nur von Dada, sondern auch der Abstraktion, hat an der damaligen Gewerbeschule, der heutigen ZHdK, unterrichtet. Waren solche Parallelen ausschlaggebend dafür, dass die Kooperation mit dem ZHdK Master Fine Arts zu Stande kam?

    Salome Hohl: Ja, einerseits gibt es den historischen Aspekt. Junge Kunstschaffende und Studierende waren und sind wichtig für das Cabaret Voltaire. Es war aber auch immer ein Ort des Zusammenkommens und der Diversität. Hier wurde ausprobiert, experimentiert – und schliesslich hat sich Dada etabliert. Ich finde es wichtig, heute sowohl international renommierte Positionen wie beispielsweise Monster Chetwynd zu zeigen, aber auch die Werke von Studierenden, wie in dieser Kooperation.

    Wie seid ihr an das Projekt herangegangen, und was waren die Voraussetzungen?

    Für Studierende ist der Schritt von «Offspace» und Eigeninitiative hin zu einer institutionellen Ausstellung gross. Bei der Auswahl, in Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen des Studiengangs Master Fine Arts, legte ich Wert darauf, dass nebst der Motivation ein Bewusstsein vorhanden war, dass mit einer Teilnahme bei diesem Projekt auch eine Verantwortung betreffend der Geschichte des Hauses einhergeht. Das Cabaret Voltaire ist international noch bekannter als in der Schweiz. Dada wird in Schulbüchern weltweit unterrichtet. In einer Seminarwoche erhielten die Studierenden Inputs zu der Geschichte des Hauses und zum Thema «Kunstkneipen» – ein wichtiges Format in den Künsten, auch ausserhalb von Dada. Zusammen haben wir überlegt, wie eine Kunstkneipe heute aussehen könnte und wie wir eine solche Kneipe gemeinsam gestalten wollen. Es war dann aber auch eine Frage der Durchmischung von Praktiken und Interessen – der Idee, eine gute Balance unter den Studierenden zu erreichen.

    Die Studierenden bringen ihre eigenen Interessen, Praktiken und Herangehensweisen mit. Wie ist es gelungen, ein gemeinsames Thema zu finden?

    Für mich kam es überraschend, leuchtet aber eigentlich ein: In der Vorbereitungswoche konnten wir uns nicht auf ein gemeinsames Thema einigen. Die Master-Studiereden haben alle bereits eine starke eigene Praxis und auch eigene Vorstellungen, wie sie diese weiterentwickeln und sich positionieren wollen. Gleichzeitig stehen sie als junge Künstler:innen noch am Anfang der Karriere – ein sensibler Moment, bei dem man nicht zu sehr «geframed» werden will. Ich denke, dass auch ein gesellschaftlicher und durchaus realistischer Druck besteht, denn die Professionalisierung in der Kunst hat zugenommen – vielleicht auch zulasten des Experimentierens. Ich wurde also auch mit meiner eigenen Naivität konfrontiert.

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    Jemandem einen roten Hering zuwerfen ist ein Ausdruck dafür, jemanden auf eine falsche Fährte zu locken. «Der Rote Hering» oder «Der Goldene Ochsen» – das erinnert auch ein wenig an einen Kneipennamen. Wie hat sich dieser Titel ergeben?

    Da sich die Frage nach unterschiedlichen Erwartungen wie ein roter Faden durch die Vorbereitungswoche zog, wurden die Erwartungen tatsächlich zum Thema der Ausstellung. Es gab das Anliegen seitens Studierenden, zeitgenössische Kunst zu zeigen in einer Ästhetik und Sprache, die auch inhaltlich dem aktuellen Diskurs von «Contemporary» entspricht. Gleichzeitig war die Auseinandersetzung mit dem Erbe der Dadaist:innen gefordert, um diesem Ort gerecht zu werden. Dann galt es auch, die Erwartungen des Publikums mitzudenken. Es entstanden schliesslich zwei Gemeinschaftswerke und mehrere Einzelwerke, die sich alle mit der Geschichte oder der Architektur des Hauses befassen und gleichzeitig die jeweilige Praxis de Künstler*innen widerspiegeln. Und es wird mit Erwartungen und der teilweise engen Historisierung von Dada gespielt – etwa damit, dass Dada ästhetisch viel breiter war als angenommen, dass die ursprüngliche Einrichtung wohl eher schlicht und urchig war, sowie mit der Tatsache, dass wir keine historischen Werke besitzen.

    Das Interieur mit Kachelofen und Holzbänken, sowie die Wand dahinter mit ihren eingeritzten Verewigungen und Botschaften, wirken wirklich mehr urchig als bunt und ausgefallen.

    Wir haben das Interieur in «The Red Herring» so gestaltet, wie es auf einer Fotografie von 1940 ausgesehen hat – mit Anekdoten wie dem Kachelofen oder der gusseisernen Lampe. Auch hier, um mit häufigen Vorstellungen von Dada und Kunstgeschichte zu brechen. Die von den Studierenden als Gemeinschaftswerk erschaffene Wand zeigt politische Botschaften neben Banalem, so wie es heute auch in Social Media erscheint. Die Studierenden sind von vielen aktuellen Themen sehr bewegt – wie kommen Politik und die eigene Praxis zusammen? Wie protestiert man? Pazifismus und Antiautoritarismus gehören ebenfalls zur Geschichte des Cabaret Voltaires. Das Spannende ist, dass diese Holzwand nun eine Zeit lang bestehen bleibt – zum Ende der Ausstellung werden wir sehen, wie sich die Welt bereits wieder verändert hat.

    Ein Kunstobjekt wird in einem Barkontext ganz anders gelesen als in einem ‹White Cube›.

    Salome Hohl
    Tourist:innen, Vernissagebesucher:innen, Laien, Kunstschaffende, Barbesucher:innen und Menschen mit ganz unterschiedlichen Vorstellungen davon, was Kunst ist, gehören zum Publikum des Cabaret Voltaires. Welche weiteren Herausforderungen bringt das Format der «Künstler:innenkneipe» mit sich?

    Normalerweise werden temporäre Arbeiten für Ausstellungen geschaffen – oder Kunst am Bau für die Ewigkeit. Hier ist es ein Dazwischen. Zur Bespielung der Künstler:innenkneipe gehört die gesamte Inneneinrichtung der Bar – diese muss mitunter zweckmässig, einigermassen bequem und robust sein. Das ist auch für gestandene Künstler:innen eine Herausforderung und bietet einen enormen Lerneffekt. Es stellen sich plötzlich Fragen wie: Was ist Kunst? Wann ist etwas als solche erkennbar? Ein Kunstobjekt wird in einem Barkontext ganz anders gelesen als in einem «White Cube», also dem gängigen weissen Ausstellungsraum. Viele zeitgenössische Kunstschaffende denken die Kunst bereits für einen White Cube, und auch die Studios sehen so aus. Es kann aber auch befreiend sein, mal etwas anderes auszuprobieren.


    Zu «The Red Herring»

    Mehr Informationen auf cabaretvoltaire.ch


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    Mehr Informationen: MA Fine Arts


    Eva Vögtli
    Eva Vögtli ist Kommunikationsverantwortliche des Departements Fine Arts.


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