Bilder machen

    Das Departement Fine Arts präsentierte auch 2021 eine Serie öffentlicher Gespräche mit Teilnehmenden aus dem zeitgenössischen Kunst- und Kulturbereich. Aufgrund der Pandemie fanden die Gespräche digital statt und waren dadurch einem noch breiteren und internationaleren Publikum zugänglich. Den «Art Talk» mit Anne Imhof im November moderierte Dr. Marie-France Rafael, die 2019 eine Tenure-Track-Position an der ZHdK angetreten hat.

    Bild: Dr. Marie-France Rafael moderierend
    Dr. Marie-France Rafael moderierte den «Art Talk» mit Künstlerin Anne Imhof. Foto: © ZHdK

    Die «Art Talks» digital durchzuführen, war zunächst eine Notlösung. Es zeigte sich aber rasch einmal, dass ein ungezwungener Austausch auf Augenhöhe durch das neue Setting eher begünstigt wird. Im November war die in Berlin und New York lebende Künstlerin Anne Imhof zu Gast. Im Gespräch mit Dr. Marie-France Rafael beantwortete sie Fragen zu ihrem vielfältigen Werk – mit Schwerpunkt auf ihrer Ausstellungspraxis und neuen Performance-Strategien.

    Wie entstehen Bilder?

    Anne Imhof hat sich in den letzten zehn Jahren zu einer der meistbeachteten Künstlerinnen ihrer Generation entwickelt. Gleich zu Beginn des Talks griff Rafael die Inszenierung auf, die 2001 als erster Eintrag in Imhofs Werkverzeichnis einging: eine einmalige Performance in einer Bar im Frankfurter Rotlichtviertel. Imhof lud dazu zwei Boxer ein und rekrutierte eine Band. Den Boxern wurde gesagt, dass sie so lange kämpfen sollten, wie die Musik spielt, während die Band angewiesen wurde, so lange zu spielen, wie die Boxer kämpfen. «Es war alles ziemlich rot – die Table-Dance-Bar und die Nasen. Im Nachhinein habe ich gemerkt, dass das eine Möglichkeit gewesen wäre, ein Bild zu schaffen», so Imhof.

    «Es war alles ziemlich rot – die Table-Dance-Bar und die Nasen. Im Nachhinein habe ich gemerkt, dass das eine Möglichkeit gewesen wäre, ein Bild zu schaffen.»

    Anne Imhof, Künstlerin

    Seither hat sich Imhofs Praxis weiterentwickelt und umfasst Performance und Choreografie, Malerei und Zeichnung, Musik, Installation und Skulptur. Imhof ist eine Bildermacherin, deren bewegte oder unbewegte Bilder sowohl auf die Geschichte der Malerei als auch auf die Fetische der zeitgenössischen Warenkultur verweisen.

    Der Talk bot einen persönlichen Einblick in Imhofs Schaffensweise und eine Gelegenheit für Studierende und weitere Teilnehmende, ihre Fragen im offenen Gespräch direkt an die Künstlerin zu richten.

    «Gerade normative Narrative werden gerne durch Bilder vermittelt. Ich sehe meine Aufgabe darin, diese Mechanismen aufzuzeigen.»

    Dr. Marie-France Rafael, Dozentin Master Fine Arts

    Normativen Narrativen entgegenwirken 

    Die Entstehung von Bildern – damit beschäftigt sich auch Marie-France Rafael, die 2019 eine auf vier Jahre angelegte Tenure-Track-Position an der ZHdK angetreten hat. «Es geht aber nicht mehr nur um die Produktion neuer Bilder, sondern vielmehr auch um die Frage, wie diese genutzt werden können, um neue ästhetische, soziale und politische Kreisläufe zu schaffen», sagt Rafael, die auch in ihren Seminaren aktuelle Entwicklungen der Kunst im Kontext sozioökonomischer und politischer Bedingungen beleuchtet. «Gerade normative Narrative werden gerne durch Bilder vermittelt. Ich sehe meine Aufgabe darin, diese Mechanismen aufzuzeigen und die Studierenden zu ermutigen, mit ihrer künstlerischen Praxis aktiv gegenzusteuern», sagt Rafael.

    «Ich möchte eine Atmosphäre schaffen, in der sich Studierende offen mitteilen und wir in ständigem Austausch sind.»

    Dr. Marie-France Rafael, Dozentin Master Fine Arts

    Offen und interessiert bleiben

    In Marie-France Rafaels Seminaren werden Fragen zu Identität, Gender oder hegemonialen Strukturen diskutiert. Die Studierenden wollen wissen, wie sie sich positionieren können, verstehen, wie ihre Kunst wahrgenommen wird, und lernen, mit Kritik umzugehen. «Ich möchte eine Atmosphäre schaffen, in der sich Studierende offen mitteilen und wir in ständigem Austausch sind», meint Rafael, «und sie so auf ein Berufsleben vorbereiten, im Laufe dessen sie sich immer wieder neu positionieren und reflexiv mit ihrer künstlerischen Praxis umgehen müssen.» Dies gelingt ihr nicht zuletzt deshalb so gut, weil sie selber nie aufgehört hat, Studentin zu sein. Die Fragen, die sie mit ihren Studierenden diskutiert, begleiten sie auch in ihrem Engagement in Lehre und Forschung.

    Bild: Veranstaltungshinweis «Art Talk»
    Die Künstlerin Anne Imhof war zu Gast in der Serie «Art Talks». Foto: ZHdK

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