Untersuchung von möglichen früh-grafischen Verhaltensweisen und einer entsprechenden Selbstmotivation bei Schimpansen.
Der “malende Affe” ist eine Figur, die bereits im 17. Jahrhundert in Malereien wie The Monkey Painter von David Teniers der Jüngere erscheint. In jener Zeit diente sie dazu, die Position des Künstlers in der damaligen Gesellschaft zu kritisieren und zu parodieren.
Erst anfangs des 20. Jahrhunderts begann sich die Aufmerksamkeit dann auf die Affen selbst und ihre tatsächlichen Fähigkeiten, mit Stiften oder Pinseln auf einer Fläche zu agieren, auszurichten, indem Forscherinnen und Forscher, wie etwa Nadeschda Kohts, Menschen- und Affenkinder gleichzeitig grosszogen, um die gemeinsamen Fähigkeiten der evolutionär nahen Wesen zu studieren. Diese und ähnliche Arten der Untersuchung sind bis heute im Gange. Die damit verbundene Frage, ob und unter welchen Bedingungen Affen sich bildhaft ausdrücken, ist bis heute offen, und, je nach der jeweils vorgenommenen Interpretation, verschiebt sich die Grenze permanent, die uns Kreaturen scheinbar so eindrucksvoll trennt.
Zur Thematik liegen heute mehrere umfangreiche Untersuchungen und Abhandlungen vor (siehe beispielsweise die Arbeiten von Desmond Morris, Paul Schiller, D. A. Smith, Sarah Boysen, Gary Berntson, James Prentice, Thierry Lenain oder John Matthews) aus denen aber noch kein gesichertes Wissen zur Frage der Fähigkeit des bildhaften Ausdrucks von Affen abgeleitet werden kann.
Auf diesem Hintergrund sind wir – ein Forschungsteam der Zürcher Hochschule der Künste (Institute for Contemporary Art Research), der Universität Zürich (Anthropologisches Institut und Museum) und dem Walter Zoo Gossau – derzeit daran, uns unsererseits die Frage nach einem möglichen früh-grafischen Verhalten und einer entsprechenden Selbstmotivation von Schimpansen zu stellen: Wenn Schimpansen instruiert werden, Pinsel, Farben und Trägerfläche zu gebrauchen, ohne dafür aber weiterführend eine Belohnung zu erhalten oder trainiert zu werden, entwickeln sie - oder entwickeln einzelne von ihnen - dann für diese Tätigkeit eine selbstmotivierte Aufmerksamkeit? Differenzieren sie dann diese Tätigkeit bis hin zu frühen grafischen Manifestationen, das heisst, bis hin zu einer wechselseitigen Bezugnahme auf ihren Farbauftrag und auf seine Wirkung in ihrer visuellen Wahrnehmung?
Bei unserer Studie beschränken wir uns allerdings nicht im engen Sinne nur auf das Festhalten und Einschätzen der Farbspuren alleine. Im Sinne von Karen Barad, Lynda Birke, Mette Bryld und Nina Lyke beziehen wir das Prozessuale und Performative der agierenden Affen wie auch des gesamten Settings und dessen Auswirkung auf die Affen – und auf uns – in unsere Evaluation mit ein. Das Prozessuale des Gebrauchs der Pinsel und die damit verbundene Beziehung zum Blick bis hin zur Führung des Pinsels und zu Wiederholungen oder aber Variationen dieser Führung, ist für die anstehende Frage entscheidend mit zu berücksichtigen. Darüber hinaus beinhaltet der soziale Raum, der zu einer Aufmerksamkeit auf Pinsel, Farbe und Trägerfläche, und zu einer entsprechenden Konzentration eines Umgangs mit ihnen führt, uns Instruierende genauso wie die agierenden Affen.