Epistemologien ästhetischer Praktiken
Das Kooperationsprojekt zwischen der ZHdK, ETH und UZH, angesiedelt am Collegium Helveticum, setzt sich zum Ziel, hervorragende Dissertationen zu künstlerischen, künstlerisch-wissenschaftlichen und wissenschaftlichen Grundlagenfragen aus dem Bereich der Ästhetik an den beteiligten Hochschulen zu bündeln und fachbezogen zu unterstützen sowie gemeinsame Forschungsprojekte zu entwickeln.
Das Programm exponiert die Eigenständigkeit, Besonderheit und Unverzichtbarkeit des ästhetischen Wissens im Unterschied zum wissenschaftlichen Diskurs und befragt die Künste als eine eigene Denkform. Diese Befragung hat zwei Seiten: Einerseits wird die Kunst als eine Erkenntnisform sui generis behauptet, die mit anderen als allein diskursiven Mitteln argumentiert: Mit den Medien des Films, der Malerei, der performativen Aufführung, des Designs usw. Andererseits gilt es umgekehrt auch auf die genuin ästhetischen Dimensionen in der Arbeit der Wissenschaften hinzuweisen – etwa experimentellen Anordnungen, die Metaphorik des Sprechens, Forschungsdesigns etc. Künste und Wissenschaften rücken so ein Stück weit aufeinander zu, indem den Künsten einerseits eine eigene Art des «Aussagens» oder des Wissens zugebilligt wird, andererseits künstlerische oder ästhetische Anteile ebenfalls in den Wissenschaften entdeckt werden.
Dabei sollen gleichermassen alle Künste mit ihren je spezifischen Wissensformen zur Sprache kommen: die Literaturen ebenso wie die sogenannten bildenden Künste, Architektur, Musik, Medienkunst oder Film und die performativen Künste. Was jeweils «Wissen» in Bezug auf diese verschiedenen ästhetischen Formen heisst, worin ihre besondere «Geltung», aber auch ihre Grenze besteht, welchen unterschiedlichen Formationen sie gehorchen, welche Effekten sie zeitigen oder auf welche Weise sie sich artikulieren – ob auf der Grundlage von Dingen und ihren Materialitäten, im Modus des Zeigens und Ausstellens oder als Phänomen aufweist und Ähnliches – wäre dabei gleichermassen zu prüfen wie die Frage der Sprache, der Redeform oder dem diskursiven bzw. nichtdiskursiven Format, in der diese Formen und Modalitäten allererst zu erschliessen sind. Beide Seiten, die Diskussion des Ortes möglicher Epistēmē der Künste einerseits, sowie die Diskussion einer angemessenen Sprache ihrer Beschreibung und Übersetzung mittels Interpretation und Kritik andererseits bilden den inhaltlichen Rahmen des Promotionsprogramms.
Nicht nur setzt das Programm deshalb auf die Pluralität der Stimmen mit Bezug auf das weite Feld des Ästhetischen, sondern auch auf die Produktivität eines Dialogs zwischen Künsten und Wissenschaften. Das bedeutet, dass sich auf diesem Wege die Chance öffnet, den derzeit weiträumig kursierenden Begriff des «artistic research» bzw. der «künstlerischen Forschung» als Kern einer Epistemologie ästhetischer Praktiken zu schärfen. Es gilt dabei, im Rahmen einer interdisziplinären Zusammenarbeit eine gemeinsame Sprache für etwas zu finden, was sich zwar seiner vollständigen Versprachlichung entzieht, deren Möglichkeit einer Beschreibung und Präzisierung aber nicht vorderhand unmöglich oder aussichtslos erscheint. Dabei nimmt die allgemeinere Frage nach der Spezifik eines «künstlerischen» oder «ästhetischen Denkens» im Unterschied zur Diskursivität eine zentrale Stellung ein. Die Frage einer Epistemologie ästhetischer Praxis und ihrer Pluralisierung ist von dort her neu zu erschliessen.
Eine Anmeldung ist jeweils einmal pro Jahr möglich. Der Call für 4–8 Doktorierendenstellen wird jeweils Ende des Jahres veröffentlicht. Die einzureichenden Bewerbungsunterlagen umfassen die Beschreibung des Dissertationsprojektes, einen Lebenslauf inkl. der Publikationsliste und/oder einer Übersicht der künstlerischen Arbeiten und Belege über die abgeschlossene Hochschulausbildung.
Kontakt: Katerina Krtilova; Benno Wirz