Instrumente, die die Welt bedeuten: Die fünf Freiberger Renaissancegeigen, ihre Relevanz für die Musik des 16. und 17. Jahrhunderts u nd daraus entstehende Konsequenzen für die Spielpraxis
Betreuer:innen und Berater:innen: Andreas Böhlen (Zürcher Hochschule der Künste) und Klaus Aringer (Kunstuniversität Graz), Marc Vanscheeuwijck (University of Oregon)
Abstract
In den Jahren vor 1594 wurden bei der Umgestaltung des Doms von Freiberg/Sachsen in mehr als zehn Metern Höhe vergoldeten Engelsstatuen 30 Instrumente in die Hände gelegt, darunter fünf Violininstrumente, die in dieser Position bis heute fast unberührt die Jahrhunderte überstanden haben. Diese güldenen Instrumente sind einmalig, sind sie doch als einzige Violininstrumente des 16. Jahrhunderts in ihrer Gesamtheit intakt und nahezu unverändert erhalten geblieben und dies noch dazu als fünfteiliges Ensemble aus der Hand eines einzigen Geigenbauers. Obwohl die Forschung über die Frühzeit der Violininstrumente in den letzten Jahren entscheidende Schritte getan hat, gibt es keine wissenschaftlichen Publikationen, die diese Freiberger Violininstrumente innerhalb der bestehenden musikwissenschaftlichen Erkenntnisse einordnen und daraus resultierende Erfahrungen haben in der Spielpraxis der historischen Violininstrumente keinen dementsprechenden Niederschlag gefunden.
Seit mehr als 25 Jahren beschäftige ich mit spieltechnischen Fragen und dem Spiel verschiedener historischen Violininstrumente, seit fast 15 Jahren mit den Freiberger Renaissanceinstrumenten und ihren Nachbauten als Leiterin der praktischen Forschungsgruppe zu den fünf Violininstrumenten innerhalb des Forschungsprojekts des Musikinstrumentenmuseums der Universität Leipzig. Mit meinem hierfür gegründeten Ensemble chordae freybergenses habe ich zahlreiche Konzertprojekte in ganz Europa sowie 3 CD-Produktionen realisiert. Für das Jahr 2018 hat die Kunstuniversität Kopien der fünf Freiberger Renaissancegeigen in Auftrag gegeben. Dies bietet eine wichtige Basis für die weitere Erforschung der Instrumente und ihrer Bedeutung. Im Rahmen meines Doktorat Studiums werde ich eine musikwissenschaftliche Kontextualisierung der fünf Geigeninstrumente aus dem Freiberger Dom für die Aufführungspraxis des 16. Jahrhunderts svornehmen, insbesondere im Zusammenhang mit den Hofkapellen des Sächsischen und des Bayrischen Fürstenhauses und der Habsburger Höfe des 16.Jahrhunderts. Des Weiteren werde ich das für die Instrumente und das fünfstimmige Ensemble relevante Repertoire auch in Hinblick auf die Grazer Hofkapelle des 16.Jahrhunderts untersuchen und, in Zusammenarbeit mit den Musikerinnen des Ensembles gamma.ut, die Spieltechniken aller fünf Instrumente des Freiberger Ensembles und deren Auswirkungen auf die Spielpraxis mit besonderem Augenmerk auf die Instrumentenhaltung erforschen.
Vita
Susanne Scholz (*1969) wirkt als Geigerin auf Instrumenten der Renaissance, des Barock und der Klassik sowie als Leiterin und Dirigentin von Ensembles vom Renaissanceconsort bis hin zum Opernensemble in Konzerten, Meisterkursen und Vorträgen in Europa und darüber hinaus. Neben ihren Studien in Graz, Wien (Violine)und Den Haag (Barockvioline), sammelte sie über viele Jahre musikalische Erfahrungen in zahlreichen Ländern Europas. Seit 1995 hat sie ihre Unterrichtstätigkeit zuerst nach Wien (Privatuniversität), dann, von 1999 – 2017, nach Leipzig (HMT), und seit 2015 nach Graz (Kunstuniversität) als Professorin für Barockvioline und Kammermusik/Barockorchester geführt. Außerdem unterrichtet sie regelmäßig auf Kursen und an Partneruniversitäten.
Große Opernproduktionen entstanden unter ihrer Leitung vor allem in Leipzig und seit 2012 auch in Graz, viele davon als Erstaufführungen in heutiger Zeit, mit Opern von Sebastiani, Heinichen, Telemann, G.Bononcini, Förster, Blow, Hasse. Hinzu kommen wichtige Bühnenwerke von Vivaldi, Purcell, Campra, Stradella, Fux, Draghi, Lully, Monteverdi, Händel und Oratorien von Stradella und A.M.Bononcini. Die Erforschung des Repertoires, dessen Umfeld und Aufführungspraxis führten überdies zur Publikation von Aufsätzen, zur Abhaltung von Vorlesungen und zu einer internationalen Vortragstätigkeit. Zahlreiche Einspielungen zeugen von ihrer künstlerischen Tätigkeit, die Umsetzung ihrer künstlerischen Forschung haben zuletzt zu CD-Produktionen mit ihrem auf Renaissanceinstrumenten spielenden Ensemble chordae freybergenses und zu einer ganz besonderen Aufnahme der Sonaten aus A. Corellis Opus V mit dem Cembalisten Michael Hell geführt (produziert 2014/2015 und 2016-2018 bei dem Label Querstand)
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