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Lu Xun, einer der wichtigsten Schriftsteller der chinesischen Moderne, hat einmal gewarnt: „Solange man noch Jammern, Seufzen, Weinen und betteln hört, sollte man nicht allzu besorgt sein. Aber konfrontiert mit kalter Stille muss man aufpassen – .... die ist der Vorbote ‚echter Wut‘.“ Die Komposition des chinesischen Komponisten Shen Ye – geschrieben im Omicron-Lockdown in Shanghai 2022, mit dem Titel „Leute, könnt Ihr das hören“ 人们,你们可听见? ist Ausdruck solcher „echter Wut“ und erinnert also nicht zufällig an „Do you hear the people sing“ oder „À la Volonté du Peuple“ aus Les Miserables – auch eine der Haupthymnen der Protestierenden in Hong Kong 2019 und der Studierenden, die 2022 gegen die verschiedenen Lockdowns an der Peking Universität demonstrierten. Von der ungebrochenen Macht dieser eben gefährlich emotional aufgeladenen Stille(n) und der Macht der Musik in Chinas langer Geschichte handelt der Vortrag.
Barbara Mittler hat in Oxford, Taipei und Heidelberg Sinologie, Musikwissenschaft und Japanisch studiert. Seit 2004 ist sie Professorin für Sinologie in Heidelberg. Von 2007 bis 2012 war sie Sprecherin einer Sektion des Exzellenzclusters “Asia and Europe in a Global Context”, heute das Heidelberger Centrum für Transkulturelle Studien (HCTS), zu dessen Co-Direktorin sie 2012 ernannt wurde. Sie ist ausserdem Gründungsdirektorin des Centrums für Asienwissenschaften und Transkulturelle Studien (CATS), das 2019 eröffnet wurde. Ihre Arbeiten zur chinesischen Kultur, Kunstmusik, Literatur, zur frühen Presse, der Kulturrevolution und Bild und Text in der Formation von kulturellem Gedächtnis sind mehrfach preisgekrönt worden: 2000 wurde sie mit dem Heinz-Maier-Leibnitz-Preis ausgezeichnet, 2002-2004 war sie Heisenberg-Stipendiatin, 2009 erhielt sie Henry Allen Moe Prize in the Humanities, 2012 den Fairbank Prize für ihr Buch zur chinesischen Kulturrevolution. Seit 2008 ist sie Mitglied der Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften, seit 2013 der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Als Fellow und Gastprofessorin weilte sie an der Academia Sinica in Taiwan, am Humanities Center der Stanford University und an der EHESS in Paris. Barbara Mittler leitet gegenwärtig zwei größere Projekte: die China-Schul-Akademie, ein Projekt des Bundesministeriums für Bildung Bildung und Forschung, das Lehr- und Lernmaterialien für den schulischen
Fachunterricht zu China erstellt und den Heidelberger Teil des BMBF-Verbundkollegs zu Epochalen Lebenswelten, das gemeinsam mit internationalen Fellows das Zusammenspiel von Mensch, Natur und Technik in Momenten des “Kollaps” und den historische Epochen prägenden, “
kritischen Übergängen” untersucht.
Livestream and on siteKlassische Musik, Jazz und Pop dominieren im westlichen Kulturkreis die Rezeption von Musik. Die Veranstaltungsreihe «Beyond Music – Quest for Home» bietet die Gelegenheit, sich mit der Tonkunst in alternativen Kontexten zu befassen. Performances lassen uns in andersartige Klangwelten eintauchen, Referate ermöglichen, das Erlebte zu verorten und zu reflektieren.