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In ihrer Hospitanz* in Kroatien hat die Diplomandin Joelle Alea, angehende Theaterpädagogin, erfahren, wie Theater, Menschen und Kulturen zusammenbringt. Jeanne Reinhart und Joelle Alea Iten im Interview über ihre Erfahrungen in Kroatien.

Jeanne: Wieso hast du dich 2021 für den Studiengang Bachelor Theater Theaterpädagogik an der ZHdK entschieden?

Joelle Alea: Ich wollte ursprünglich Lehrerin werden und wurde dann von einer bekannten Theaterpädagogin darauf hingewiesen, dass es diesen Studiengang gibt. Darin sah ich für mich die perfekte Mischung aus Unterrichten und Theater und meine Entscheidung war getroffen.

Warum hast du dich für eine Hospitanz in Kroatien entschieden?

Meine Familie stammt aus Kroatien und ich verbringe, seit ich ein Baby bin jedes Jahr ein paar Wochen dort. Mich nahm es deshalb schon lange wunder, wie der Theaterkosmos in meiner zweiten Heimat funktioniert und ob es sogar in Pula so etwas wie Theaterpädagogik gibt und ja, ich wurde fündig im Theaters INK (Istarska Narodna Kazaliste).



Welche Aufgaben hast du während deiner Hospitanz begleitet?

Ich habe Menschen zu verschiedenen Themen begleitet, von Primarschüler:innen bis hin zu Senior:innen. Besonders spannend war für mich die Erkenntnis, dass sich die Themen bei den Kindern und Jugendlichen kaum von unseren Themen hier in der Schweiz unterscheiden. Dies überraschte mich.


Egal wohin ich gehe, Theater bringt für mich eine sehr verbindende Energie mit sich.


Wie haben die Menschen – Kolleg:innen, Teilnehmende, das Publikum – vor Ort auf dich und deine theaterpädagogische Arbeit reagiert?

Alle Menschen, die ich innerhalb des Theaters INK traf, waren sehr offen und interessiert an mir. Egal wohin ich gehe, Theater bringt für mich eine sehr verbindende Energie mit sich. In anderen Worten, obwohl ich die Sprache nicht fehlerfrei beherrsche, gab mir Theater, mit seiner eigenen Sprache, während meiner Hospitanz im Ausland halt. Ich finde Theater kann vielen Menschen einen einfachen Zugang zu Freund:innen, Kultur, Arbeit, und vielem mehr ermöglichen.

Wie hast du Theaterpädagogik während deiner Hospitanz in Kroatien erlebt?

Theaterpädagogik in Pula unterscheidet sich nicht gross von meinen Erfahrungen hier in der Schweiz. Was mir aber besonders aufgefallen ist, ist, dass dort das allgegenwärtige praktizierte Fundament «Theatre of the oppressed von Boal». Dies ist mir zwar bekannt, aber es nimmt im Unterschied zu Pula, keine zentrale Rolle im Alltag der Theaterpädagogik hier ein.



Würdest du anderen Studierenden empfehlen eine Hospitanz im Ausland zu machen?

Ja, auf jeden Fall! Ich empfehle die Hospitanz im Ausland meinen Kommiliton:innen sehr. Für mich war es eine einmalige Erfahrung mal wieder mit einem Aussenblick in das Feld der Theaterpädagogik einzutauchen. Normalerweise stecke ich mittendrin und habe keine Zeit, um über meine konkrete Arbeit zu reflektieren, Notizen zu machen oder Anleitende zu beobachten. Mir half es zu verstehen, dass es guttut, sich auf neue Orte und Blickwinkel einzulassen.

Du schliesst im Sommer deinen Bachelor ab – wie geht es für dich weiter?

Ehrlich gesagt weiss ich das noch nicht genau. Ich habe eine Festanstellung an einem Gymnasium als Theaterlehrperson, dies füllt jedoch nicht meine ganze Zeit aus. Ich fände es sehr schön ebenfalls im Bereich der Jugendarbeit tätig zu sein. Hier sehe ich nämlich auch eine wichtige Verbindung zum Theater. Mal schauen wo’s mich hintreibt.


«Schenken» ist ein Thema, dass vor allem jetzt rund um die Weihnachtszeit besonders präsent ist: «Was soll ich schenken?», «Wie gehe ich vor, wenn ich eigentlich nichts schenken möchte?», «Was tue ich wenn ich etwas geschenkt bekomme, was mich gegenüber des Schenkenden in eine unangenehme Situation bringt?».

Während zwei Projektwochen experimentieren die Theaterstudierenden mit Formen des Schenkens und kommen dabei unterschiedlichen kulturellen Praktiken des Gebens und Annehmens, des Wünschens und Erfüllens auf die Schliche. Im Rahmen des Moduls werden verschiedene Praktiken des Schenkens unter den Modulteilnehmenden an der ZHdK, sowie im Zürcher Alltag zwischen Langstrasse und Bahnhofstrasse ausprobiert. Die dabei gemachten Erfahrungen werden auf die kapitalistischen, sozialen und spirituellen Bedeutungen von Geben und Nehmen für gesellschaftliches Zusammenleben hinterfragt.

«Die Logik des Gebens, Nehmens und Erwiderns ist für Gesellschaften strukturbildend»

Modulleitende Markus Gerber, Laura Knüsel, Katharina Cromme

Für die Modulleitenden geht es beim Schenken um Anerkennung, Wertaushandlung und Hierarchien. Für sie hat besonders ritualhaftes Theater die Möglichkeit, scheinbare Normalitäten zu hinterfragen. 

Schliesslich werden auf dem Fundament der Erkenntnisse im Modul künstlerisch gerahmte Erfahrungsräume angeboten, welche den Teilnehmenden alternative Vorschläge des Schenkens anbieten. Das Modul «Bitte, danke! Rituale des Schenkens» findet als einmalige Ausgabe als Wahlmodul statt.


Mit dem Begriff «Normalität» beschäftigen sich die Lernenden der Psychiatrischen Klinik laufend in ihrer Ausbildung, zusammen mit Theaterstudierenden soll der Begriff nun mittels theatraler Interventionen erforscht werden. 

In der Vergangenheit hatten Studierende des Theaterpädagogik-Bachelorprogramms im Rahmen des Moduls «Schnittstelle heute» bereits Erfahrungen im Gefängnis Affoltern, dem Gesundheitszentrum fürs Alter am Klus Park Zürich und dem FOGO Areal Zürich gesammelt. Dabei lag der Fokus darauf, Strategien aus Performance und Theater zu vermitteln, die es ermöglichen, den Alltag in ein Spiel zu verwandeln, um Insass:innen, Bewohnende, etc. zusammen mit Bürger:innen Zürichs in Erfahrungsräume zu bringen, mittels welcher gesellschaftliches Zusammenleben hinterfragt, neu gedacht und anders praktiziert werden kann. Eines der vielen eindrücklichen Projekte von Studierenden war "der Tag der offenen Wohnungen", in welchem jeweils ein Gefängnissinsasse und eine teilnehmende Person von ausserhalb sich die Behausung, in welcher sie aktuell wohnen vorstellen. Per Telefon miteinander verbunden wurden die verschiedenen Zimmer abgeschritten, über Mitbewohnende gesprochen, Lieblingsmusik vorgestellt, usw. 

Dieses Setting ermöglichte ungewöhnliche Begegnungen und das Hinterfragen von Vorurteilen, womit neue Justizmodelle denkbar wurden.

Markus Gerber, Stellvertretender Praxisfeldleiter Theaterpädagogik

Die Kooperation zwischen Studierenden und Lernenden verspricht spannende Einblicke in die Welt des Theaters und die Herausforderungen in der Arbeit an der Psychiatrischen Klinik. Dieses Projekt zeigt, wie Bildungseinrichtungen, klinische Institutionen und andere kunstferne Institutionen erfolgreich zusammenarbeiten können, um gemeinsam neue Perspektiven auf wichtige Themen zu entwickeln. 

Das Modul Schnittstelle Heute findet jedes Herbstsemester in einer immer neuen Institution, bzw. an einem anderen Ort statt.   


Gibt es Pläne, ähnliche Kooperationsprojekte in der Zukunft zu initiieren?

Wir arbeiten mit der Mehrzahl der Module des Bachelor Thaeterpädagogik stetig in Alltagsfeldern. Eine Ausbildung in zukünftigen Arbeitsrealitäten ist das Prinzip des Studiums.

Wie können Interessierte mehr über das Projekt erfahren?

In der zweiten Maiwoche 2024 wird es kleine Abschlussprojekte geben, an welchen Interessierte teilnehmen können. Kontakt: andreas.buergisser@zhdk.ch