Treppe oder Lift? - Was diese Entscheidung mit Wasser zu tun hat und was Wasserkraft bedeutet.
Für die 180'000 Aufzüge, die in der Schweiz in Betrieb sind, braucht es pro Jahr die Energie eines grossen Wasserkraftwerks. Pro Tag verbraucht ein durchschnittlicher Lift etwa 4.5 kWh – wofür rund 571’410 Liter Wasser eines Laufwasserkraftwerks (wie beispielsweise des Kraftwerks Dietikon an der Limmat) benötigt werden. Wie viel Energie die Lifte der ZHdK verbrauchen, kann nicht genau eruiert werden. An der ZHdK wirken sich Veränderungen im Elektrizitätsverbrauch kaum auf die eigene Treibhausgasbilanz aus, da der eingekaufte Strom mit sehr geringen Emissionen aus Wasserkraft erzeugt wird – mehr darüber im Nachhaltigkeitsbericht der ZHdK 2020-21.
Die Schweiz bietet dank ihrer Topographie und beträchtlichen durchschnittlichen Niederschlagsmengen ideale Bedingungen für die Wasserkraftnutzung. Der Wasserkraftwerkspark der Schweiz bestand am 31.12.2021 aus 682 Zentralen, welche pro Jahr durchschnittlich rund 37'172 Gigawattstunden (GWh/a) Strom produzieren. Damit wird nicht nur Lift gefahren, sondern über die Hälfte des Schweizer Strombedarfs abgedeckt: 2019 haben Schweizer Wasserkraftwerke 56.4% des Stromanteils in der Schweiz produziert.
Doch - was ist Wasserkraft und wie entsteht diese Energie?
Wenn wir von Wasserkraft sprechen, meinen wir heute vor allem die Umwandlung der Strömungsenergie von fliessendem Wasser in elektrische Energie in einem dafür eigens gebauten Wasserkraftwerk. Vor der industriellen Revolution und der Elektrifizierung verstand man unter dem Begriff die Wandlung der Strömungsenergie in mechanische Energie, um verschiedene Geräte direkt anzutreiben. Wasserkraft kann im Grunde an jedem Gewässer genutzt werden, wenn ein hinreichendes Gefälle vorliegt. Als weitgehend emissionsfreie Energiequelle ist die Wasserkraft das Rückgrat unserer Stromversorgung.
Der Bund will mit der Energiestrategie 2050 die durchschnittliche Jahresproduktion von Elektrizität aus Wasserkraft bis im Jahr 2050 auf 38‘600 Gigawattstunden (GWh) steigern. Mit dieser Strommenge könnte jede Schweizerin einmal im Jahr die Erde in einem Tesla umrunden. Eine Steigerung der Jahresproduktion von ungefähr 3.8% zur heutigen Jahresproduktion klingt nicht nach viel. Wegen des begrenzten Ausbaupotentials und der ökologischen Anforderungen ist dies jedoch ein ambitioniertes Ziel.
Um das (wenige) restliche realisierbare Potenzial zu nutzen, sollen sowohl bestehende Werke erneuert und ausgebaut, als auch neue Wasserkraftwerke realisiert werden, dies unter Berücksichtigung der ökologischen Anforderungen. Aber was sind denn die ökologischen Anforderungen an diese Art der Stromproduktion? Wasserkraft ist nicht a priori «grün» oder «Ökostrom»: Sie beeinträchtigt die ökologische Funktionsfähigkeit der betroffenen Gewässer oft sehr stark. Gerade bei Stauseen und Sperrwerken kann es wegen des enormen Landschaftsverbrauchs und den nötigen Überflutungsflächen zu Konflikten kommen. Trockengelegte Bachläufe, stark reduzierte Abflussmengen, Staumauern, zerschnittene Fluss-Lebensräume, unnatürliche Abflussdynamik, geflutete Gletschervorfelder und Täler: Alles Folgen der Wasserkraftnutzung für Natur und Landschaft.
Wenn du also die Treppe anstatt den Lift nimmst, schonst du nicht nur den Energie- und Stromverbrauch, sondern auch die Natur – denn ein naturverträglicher Ausbau der Wasserkraft ist nur noch äusserst begrenzt möglich.
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