«Der Mediacampus ist ein Juwel!» So beschreibt Jakob Eisenbach sein Atelier in Zürich Altstetten. Und schwärmt von der Deckenhöhe und dem richtigen Abstand zwischen den Wänden. Ist der zu gering, kann der Schall sich nicht entfalten, ist er zu gross, klingt es nach Kathedrale. Die Akustik in seinem Raum ist perfekt. Der Sounddesigner und Komponist hat sich im Mediacampus ein professionelles Tonstudio eingerichtet. Gerade hat er ein Sounddesign für den Zoo Zürich fertiggestellt. In dessen Masoala-Halle kann man nun akustisch in einen virtuell generierten Urwald eintauchen. Aus 33 Lautsprechern hören die Besucher:innen, was Eisenbach mit dem Budapest Art Orchestra eingespielt hat. Synchronaufnahmen sind sein zweites berufliches Standbein neben der Musik. Die Netflix-Serie «Neumatt 2» und die neuen Schweizer «Tatort»-Folgen werden in seinem Atelier auf Hochdeutsch synchronisiert. Die Aufnahmekabine dafür wurde vom Studio Topo gebaut, die Designer haben ihr Atelier gleich nebenan.
Die Beratungs- und Förderstelle Z-Kubator stellt im Mediacampus und in Kooperation mit der Stadt Zürich und der Stiftung Righini Fries subventionierte Atelierplätze für ZHdK-Absolvent:innen zur Verfügung. Ein Stockwerk voll kreativ arbeitender Menschen. Als Übergang in die Berufspraxis ermöglicht ihnen das zwölf monatige Förderprogramm «What’s next_Compass», das eigene Profil zu schärfen, sich mit Akteur:innen aus der Praxis zu vernetzen und sich so eine Grundlage für den Aufbau einer nachhaltigen Karriere in den Künsten zu schaffen.
TÜR AN TÜR
Eisenbach sagt: «Ohne das Programm hier wäre ich gescheitert. Ich habe mein Studium während der Coronapandemie abgeschlossen, hatte mein Studio in meiner WG. Die sich plötzlich leerte, weil alle zu ihren Eltern gingen. Ich war von der kreativen Industrie entkoppelt und blieb allein zurück.» Da sei ihm bewusst geworden, wie wichtig ein kreatives Umfeld sei. «Viel wichtiger, als einfach Geld in die Hand gedrückt zu bekommen. Es hilft bereits, dass du hier zur Tür rausgehst und nicht der weirdeste im Haus bist.» Ginge Eisenbach heute zur Tür raus, träfe er etwa den Musiker Jimi Jules, wenn der nicht gerade auf Tour in Miami, LA oder Japan wäre. Der nutzt eins der Ateliers der Stadt Zürich, die sich auf derselben Etage befinden und so noch mehr Vernetzungsmöglichkeiten eröffnen. «So was gibt’s nur hier. Dass du dich auf dem Weg zur Küche unkompliziert mit solch spannenden Leuten austauschen kannst.»
Nebenan arbeiten Moritz Gysi, Linus Maurmann und David Walsh von Studio Topo gerade an verschiedenen szenografischen Aufträgen. Sie stellen an Messen aus, bewerben sich auf Förderprogramme und arbeiten am Aufbau ihres Büros sowie an ihrem öffentlichen Auftritt. «Wir suchen immer wieder Projekte, die nicht nur ökonomisch rentabel sind, sondern uns auch als Gestalter weiterbringen. Projekte, die identitätsstiftend sind.» Langfristig wollen sie sich stärker in Richtung Produktdesign bewegen. Auf dem Weg in die Praxis habe es ihnen geholfen, als Gruppe zu starten. «What’s next_Compass stellt uns dafür zentrale Grundlagen für unser Schaffen zur Verfügung: Neben dem kostengünstigen und zentral gelegenen Atelier konnten wir zusätzlich weiterhin das Angebot der Werkstätte an der ZHdK nutzen. Wir arbeiten oft mit physischen Prototypen und benötigen viel Raum.» Teil eines grösseren Programmes zu sein, das einen bei Bedarf mit Knowhow und Kompetenz unterstütze, beruhige die Nerven, meinen sie.
WIE EINE BRÜCKE
Weiter vorn im Flur riecht es nach Farbe. Hier hat die Künstlerin Mirjam Blanka Inauen ihr Atelier. Sie hat 2021 den Master Fine Arts abgeschlossen und wird heute von der Zürcher Galerie Lullin + Ferrari vertreten. Ihre Arbeiten waren im Museum zu Allerheiligen zu sehen. «Ich warte auf den Moment, wenn sich mal nichts ergibt. Das ist ein guter Augenblick, um zu überlegen: Was will und brauche ich, um dahin zu kommen?» Teil von «What’s next_Compass» zu sein, sei ein Supermatch. «Hätte ich diese Unterstützung nicht bekommen, wäre ich heute mit meiner Arbeit an einem anderen Punkt. In dieses Programm eingebunden zu sein, gibt einem Sicherheit. Es erleichtert den Übergang vom Studium in die Selbständigkeit, ist eine Brücke.»
Nach dem Studium werde man damit konfrontiert, was es heisse, Künstler:in zu sein, einen Atelierplatz in Zürich zu finanzieren, Ausstellungen zu organisieren. «Ich habe sehr gezielt begonnen, Leute zu kontaktieren, die eine ähnliche Praxis wie ich pflegen. Dabei hat das Programm sehr geholfen. Es gibt etwa bezahlte Mentorate für einen Studiobesuch. Ich hätte mich sonst weniger getraut, jemanden anzuschreiben. Mit dem Förderprogramm im Rücken hatte ich den Mut dazu.»
RAUSGEHEN UND EIGENE FAMILIE SCHAFFEN
Überhaupt sei es wichtig, sich seiner eigenen Unsicherheiten bewusst zu werden und diese zu kompensieren – oder loszuwerden. «In diesem Business kann man sich keine Unsicherheiten leisten. Wenn einem das Netzwerken an Openings mit einem Glas Weisswein in der Hand nicht liegt, tut man das eben über E-Mail. Oder fragt sich, woher diese Unsicherheit kommt und was man dagegen tun kann.» Wichtig für den Start ins Berufsleben sind Inauens Meinung nach finanzielle Unterstützung und Raum. «Wenn du Geld hast, hast du Zeit, um ins Atelier zu gehen. Du kannst die Kinderbetreuung organisieren und brauchst keinen Nebenjob.» Auch die Gruppenmentorings im Rahmen von «What’s next_Compass» seien hilfreich, etwa zum Thema Personal Branding. «Im Studium lernen wir zwar Kunst zu machen, um beruflich Fuss zu fassen, braucht es aber mehr.»