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    Über(gänge zwischen) Schokolade und Panzersperren

    Aus dem Hochschulmagazin Zett

    Die «Toblerones» sind einer zivilen Nutzung zugeführt worden. Foto: Florian Wegelin und Simon Graf.

    Veröffentlicht am 01.10.2023

    Autor:in Anna Froelicher, Sønke Gau, Simon Graf

    • Transdisziplinarität
    • Forschung

    Kinder, Kunst und Kleingetier: Das Forschungsprojekt «Materialisierte Erinnerungen (in) der Landschaft» geht dem Bedeutungswandel von Panzersperren nach.

    «Schluss mit Swissness», «Toblerone­-Büezer wagen was!» titelten im Frühjahr sowohl die «Wochenzeitung» als auch die Gewerkschafts­zeitung «Work». Bei der wohl bekanntesten Schweizer Schokolade – seit den 1990er Jahren im Besitz des US­-amerikanischen Konzerns Mondeléz International – war einiges im Gange. In Bern gingen die Arbeiter:innen in den Lohnkampf, ausserdem sollen Teile der Pro­duktion künftig in die Slowakei verlagert werden. Damit verliert die Schweizer Schokolade – deren charakteristisch prismatische Form ebenso wie das dazugehörige Logo an die Bergwelt, insbesondere das Matterhorn, erinnern soll – die seit 2017 streng geschützte Her­kunftsbezeichnung «Swiss Made» und ihre auf die Spitze getriebe­ne Ikonizität. Ein herber Schlag für dieses (Schokoladen­-)Stück in­ternationaler Schweizer Erfolgsgeschichte.

    • Photo Credits: Florian Wegelin und Simon Graf, CC BY-NC-SA 4.0

    Was die meisten Menschen ausserhalb der Schweiz aller­dings nicht wissen: Auch die in Schweizer Landschaften zahlreich vorzufindenden Panzersperren werden umgangssprachlich «Toble­rones» genannt. Aufgrund ihrer der Schokolade nicht ganz unähnli­chen Pyramidenform. Unter der offiziellen Bezeichnung Gelände­panzerhindernisse wurden diese Sperrriegel hauptsächlich während des Zweiten Weltkrieges als Verteidigungsanlagen gegen einen möglichen Angriff aus Deutschland errichtet. Seit den 1990er­ Jahren haben sie militärisch gesehen allerdings keine Be­deutung mehr und sind stattdessen einer zivilen Nutzung zugeführt worden. Ein Teil der Toblerones wird als kulturelles Erbe die Ge­schichte überdauern. Wie etwa der «Sentiers des Toblerones», ein 17 Kilometer langer Lehrpfad vom Jurafuss bis zum Genfersee. In fliessenden Übergängen führt der Weg in einem bewaldeten Tal zwischen moosbewachsenen Betonhöckern und einem vor sich hin plätschernden Flüsschen hin zu Einfamilienhäusern hinter Thuja­ hecken, hinab nach Gland, unter der Autobahnbrücke hindurch durch Landwirtschaftsland bis zum sogenannten «Domaine Impé­rial»-­Golfplatz am Lac Léman.

    Wie sich der Bedeutungswandel der Objekte seit der mili­tärischen Obsoleszenz vollzogen hat und immer weiter vollzieht, untersucht das ethnografisch­-künstlerische und vom Schweizeri­schen Nationalfonds (SNF) finanzierte Forschungsprojekt „Materi­alisierte Erinnerungen (in) der Landschaft“ (2019–2023). For­schungsleitend sind hierbei die landschaftlichen, historischen und ästhetischen Übergänge – etwa, wenn einzelne Höcker Teil von Privatgärten werden, Panzersperren als ökologische Verbindungs­korridore für die vom Aussterben bedrohte Gelbbauchunke gelten, «Toblerones» aus Beton zu Kinderspielplätzen mutieren oder von Künstler:innen als Land Art in Szene gesetzt werden.

    Beides – Schokolade wie Sperren – fallen damit einer Bedeutungsoffenheit anheim, die auch auf die mit ihnen einher­gehenden identitätsstiftenden Erzählungen verweist: hier das durch die Verlegung der Produktion in die Slowakei abhandengekommene Qualitätssiegel, dort Relikte der «Alpenfestung» und «Geistigen Lan­desverteidigung», die sukzessive von Kindern, Kunst und Kleingetier bespielt und mit neuen Geschichten überschrieben werden.


    ANNA FROELICHER

    Anna Froelicher ist wissenschaftlich­ künstlerische Mitarbeiterin F+E am Departement Kulturanalysen und Vermittlung.


    SØNKE GAU

    Dr. Sønke Gau lehrt im Master Art Education und im Master Transdisziplinarität. Er ist ausserdem im Forschungsschwerpunkt Kulturanalyse in den Künsten tätig.


    SIMON GRAF

    Simon Graf ist Doktorierender F+E und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Departement Kulturanalysen und Vermittlung.


    Abschlussveranstaltung

    Um die Ergebnisse des Forschungsprojekts zu präsentieren und in gemütlicher Runde darauf anzustossen, findet am 4. Oktober im Viaduktraum (2.A05) eine Abschlussveranstaltung statt. Ab 19 Uhr geben Sønke Gau, Simon Graf, Florian Wegelin und Anna Froelicher gemeinsam mit Andreas Storm einen Rückblick auf das Projekt, Einblicke in ihre Arbeiten sowie einen Ausblick auf das Kommende. Danach geniessen wir gemeinsam mit Euch den Augenblick mit Getränken, Häppchen und Geplauder.

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