Stur auf etwas hingearbeitet hat sie nie. Spricht man mit Claudia Caviezel über ihre Arbeit, fällt oft dieser eine Satz: «Eins hat das andere ergeben.» Wie bei einem Kaleidoskop, das man dreht und so immer wieder ein neues, gleichermassen interessantes Bild erhält. «Caleidoscope» ist denn auch die Ausstellung betitelt, die nun im Museum für Gestaltung Zürich zu sehen ist und Einblick in das Werk der Textildesignerin gibt.
Wir reden im Sommer miteinander, da ist Caviezel voll im Tun. Sie malt, formt Keramiken, scannt deren Oberfläche, druckt die Scans grossformatig aus, experimentiert mit verschiedenen Strukturen. In der Ausstellung zu sehen sind textile Objekte, grossflächige Prints und Skizzen. Es steht noch nicht fest, ob einige der Stoffe angefasst werden dürfen – Caviezel hätte das gern so –, sicher ist, dass es keine chronologische Ausstellung sein wird. «Es geht um meine Farben und Materialien, um meine Welt. Die Ausstellung wird wie ein Potpourri, sie soll das Ineinandergreifen der Dinge sichtbar machen. Ich arbeite immer parallel an mehreren Projekten. Wenn es beim einen stockt, gehe ich zum anderen über. So befruchten sie sich gegenseitig.» Sie habe einen grossen Fundus an Fotos und gescanntem Material in Schubladen, aber auch in ihrem Kopf. In «Caleidoscope» soll diese Herangehensweise spürbar werden.
Caviezel hat schon immer etwas mit den Händen machen wollen. Die Mutter kommt aus einer Schneider, der Vater aus einer Schreinerfamilie. «Wir haben immer viel selbst gemacht. Ich bin nicht so der Konzepttyp, aber wenn ich was in den Fingern habe, läuft’s.» Als es ihr im Websaal der Hochschule Luzern den Atem verschlägt – eine ganze Wand voller Farbspulen! –, weiss sie, dass sie dort richtig ist. Seit zwanzig Jahren ist sie nun dabei, die Vielschichtigkeit halte sie bis heute beim Textildesign. Malen, Stricken, Sticken, Knüpfen, Drucken, Nähen, Plissieren. Caviezel hat im Interiorbereich gearbeitet und für die internationale Haute Couture, hat Haushaltsprodukte designt und Installationen im öffentlichen Raum geschaffen. All ihre Arbeiten eint, dass sie darin traditionelles Handwerk mit digitalen Tools verwebt.
Nach dem TextildesignStudium in Luzern arbeitet sie fünf Jahre beim HauteCoutureTextilhersteller Jakob Schlaepfer. Dann studiert sie in Madrid Design und reist mit einer kreativen Truppe durch Europa. Zurück in der Schweiz arbeitet sie erst selbstständig, wird aber schnell vom Schweizer Modehaus Akris engagiert. Sie ist dort zuständig für das Textildesign und den Musterstoffeinkauf, betreibt Innovationsforschung. Heute arbeitet Caviezel wieder freiberuflich, ihre Lust aufs Ausprobieren ist ungebrochen.
Kommt ihre Erfahrung nie der Inspiration in die Quere? «Ideen zu haben ist nie ein Problem. Ich bin jedoch am kreativsten, wenn ich etwas im letzten Moment mache. Ich gehe lang schwanger mit meinen Projekten, und wenn dann die Deadline näher rückt, gerate ich in Stress, aber das muss ich aushalten. Ich weiss mittlerweile, dass es das braucht. Ich bin dann am besten, wenn ich eben nicht alle Zeit der Welt habe.» Wie so oft in ihrer Karriere wird wohl auch dieses Mal eins das andere ergeben. Beim Blick durchs «Caleidoscope» können wir uns davon überzeugen.