Sylvia Battegay: Übergänge können beflügeln, sie können aber auch beängstigen. Wie erlebst du Übergänge?
Hans Ulrich Gasser: Auf beide Arten. Allerdings empfinde ich private und berufliche Übergänge als weniger beängstigend, je älter ich werde. Das hängt wohl mit der wachsenden Lebenserfahrung zusammen. Übergang bedeutet Veränderung, mit der ich umzugehen habe und aus der ich bewusst oder unbewusst etwas lerne. Ich versuche jedem Übergang etwas Gutes abzugewinnen. Wenn man sich zurückerinnert, war zwar nicht jeder Übergang beflügelnd, aber in diesem Sinne doch positiv.
Welches war dein bislang wichtigster Übergang?
Mein ganzes Leben bestand aus Übergängen und das wird hoffentlich weiterhin so bleiben. Es gab für mich nicht den wichtigsten, sondern viele wichtige Übergänge. An einen erinnere ich mich aber besonders gut: Das war der Wechsel von der Sekundarschule in die Lehre als 15-Jähriger. Die Tätigkeiten waren teils monoton und repetitiv und der Lehrmeister streng. Die Umstellung von einem Leben mit viel Freizeit und Ferien auf einen überaus strukturierten und vorgegebenen Tagesablauf war für mich einschneidend und am Anfang eine harte Zeit. Während der Lehre eröffneten sich neue Ausbildungsmöglichkeiten und berufliche Perspektiven, was mich sicherlich zum Durchhalten bis zum Lehrabschluss motivierte.
Du bist seit zehn Jahren an der ZHdK. Davor warst du für mehrere Medienunternehmen tätig. Was hat dich dazu bewogen, die Leitung der Finanzen an einer Hochschule der Künste zu übernehmen?
Als ich zufällig auf das Stelleninserat der ZHdK stiess, war ich fünfzig Jahre alt und seit sechs Jahren als CFO tätig. Für mich stellte sich die Frage, ob ich für weitere zehn bis fünfzehn Jahre in meiner Komfortzone bleiben oder noch einmal etwas Neues wagen wollte. Die im Inserat erwähnten Aufgaben waren mir vertraut, nicht aber die „Bildungsindustrie“. Die ZHdK schien mir eine interessante Arbeitgeberin zu sein, also habe ich mich beworben.
Machst du selbst Kunst und wenn ja, welche?
Ich kann gut rechnen und gut zeichnen. Ursprünglich wollte ich Grafiker werden. Aber nein, ich mache keine Kunst, ich interessiere mich dafür. Sei es für Ausstellungen hier im Toni-Areal, in Museen und Galerien oder auch für Theater- und Tanzvorführungen. Wenn beispielsweise Projektarbeiten der Contemporary-Dance-Studierenden gezeigt werden, schaue ich mir diese jedes Mal sehr gerne an. Es ist ein besonders schönes Erlebnis, zu sehen, was Absolvierende alles können, wenn sie die ZHdK verlassen. Dann weiss man, weshalb man hier arbeitet.
Gibt es Bereiche, in denen du deine Grenzen immer wieder testest oder erweiterst?
Grenzen ausloten und erweitern passiert mir bei ganz gewöhnlichen Themen im Alltag: trotz Regen joggen gehen, ein neues Rezept ausprobieren, mich für eine medizinische Vorsorgeuntersuchung anmelden und so weiter. Ich denke, wenn man sich persönlich weiterentwickeln will, muss man im Alltag immer wieder Neues ausprobieren. Es ist zwar gut, dass gewisse Abläufe standardisiert sind. Bleibt man jedoch zu sehr in der Routine gefangen, können Übergänge auf einmal wieder beängstigend werden. Man ist nicht mehr gewohnt, sich auf neue Situationen einzustellen.
Perspektivenwechsel: Du hast gerade das Amt des Verwaltungsdirektors angetreten. Was verändert sich für dich am meisten?
Die Aufgaben, meine Rolle und mein direktes Umfeld haben sich verändert. Ich bin nun für die Erfüllung des gesamten Leistungsauftrages der Services und nicht nur für die finanziellen Aspekte verantwortlich. Die Führungsspanne wird grösser. Mein Team besteht neu aus den Abteilungsleitenden und dem Stab der Verwaltungsdirektion. Neu ist für mich auch, dass ich Teil der Hochschulleitung bin und mich dort stärker mit betrieblichen und strategischen Themen der Hochschule auseinandersetzen werde.
Auf welche Projekte und Aufgaben freust du dich besonders?
Ich freue mich darauf, zusammen mit den Abteilungsleitenden, dem Stab der Verwaltungsdirektion und natürlich mit allen Mitarbeitenden der Services pragmatische Lösungen zu finden, damit wir die laufenden Projekte der Hochschule in den nächsten Jahren erfolgreich abschliessen können. Ich habe aber auch Respekt davor. Das wird nicht ganz einfach, und wir werden dies alles nur schaffen, wenn wir einander unterstützen und am selben Strang ziehen. Ausserdem freue ich mich auf den anstehenden Strategieprozess, der von der Rektorin und der Hochschulleitung noch in diesem Jahr angestossen wird. Für mich ist es wichtig, ein Zielbild zu sehen oder eine Idee zu haben, wohin die Hochschule möchte. Und natürlich freue ich mich auf die Einführung von Microsoft 365 und die dazugehörigen Applikationen für den digitalen Arbeitsplatz.
Die ZHdK befindet sich in einem grossen Übergangsprozess, diesen Herbst startet das neue Studienmodell Major-Minor: Was bedeuten derartige Change-Prozesse für die Services der ZHdK?
Change-Prozesse wie Major-Minor bedeuten, dass sämtliche Prozesse und Tools der Services Veränderungen erfahren und angepasst werden müssen, damit das neue Studienmodell auch betrieblich funktioniert. Oftmals gehen derartige Prozesse zusätzlich mit einer ZHdK-weiten Harmonisierung einher, was unsere Organisation bzw. die Mitarbeitenden an die Grenzen der Belastbarkeit bringt. Deshalb wünsche ich mir, dass wir das Fundament der ZHdK stärken, weiterentwickeln und gleichzeitig die Hochschule darin unterstützen, die wichtigsten Projekte erfolgreich umzusetzen. Ausserdem wünsche ich mir ein Arbeitsumfeld, in dem Arbeit Freude bereitet und in dem man sich kontinuierlich weiterentwickeln kann.
Services
Die Services stellen den betrieblich-organisatorischen Ablauf der ZHdK sicher, indem sie zentrale Dienstleistungen für die Hochschule erbringen und das Instrumentarium für die Bewirtschaftung der Ressourcen zur Verfügung stellen. Zu den Services gehören die Abteilungen Facility Management, Finanzen und Controlling, Hochschuladministration, Human Resources Management, Informationstechnologie-Zentrum und Technical and Event Services.
Sylvia Battegay
Dr. Sylvia Battegay ist Issue-Managerin in der Hochschulkommunikation der ZHdK.