Bild: creativealps_lab, Illustration: Max Bachmeier
Der Workshop „Kultur- und Kreativwirtschaft im Alpenraum“, der im Rahmen eines Kooperationsprojekts der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) und der Phase XI des Deutschen Kompetenzzentrums Kultur- und Kreativwirtschaft veranstaltet wurde, widmete sich der Frage, wie Wirkungsdynamiken kultur- und kreativwirtschaftlicher Aktivitäten in Berggebieten gefasst und analysiert werden können.
Das Projektteam, Studierende des Masters Transdisziplinarität der ZHdK und verschiedene Gäste setzten sich während zwei Tagen intensiv damit auseinander, ob und wie Akteure der Kultur- und Kreativwirtschaft auf eine ökonomische Dynamisierung des Alpenraums im erweiterten Verständnis Einfluss nehmen und wie Kulturinitiativen im Alpenraum langfristig wertschöpfende Wirkung entfalten können.
Auch die Frage, welchen Beitrag Kultur- und Kreativwirtschaft dazu leisten kann, Klischees, alteingesessene Wahrnehmungen und Erwartungshaltungen dem alpinen ländlichen Raum gegenüber zu durchbrechen, wurde diskutiert.
Konkrete Einblicke in zwei langjährig bestehende Kulturinitiativen – das von Hans Schmid in Lavin geführte Hotel Piz Linard und das von Giovanni Netzer in Riom gegründete Origen Festival Cultural – sowie in das Forschungsprojekt «Creative Economies“, das Christoph Weckerle von Seiten der ZHdK vorstellte bildeten für die Teilnehmenden die Grundlage für Diskussionen und kritische Reflexion.
Explizit hervorgehoben wurde aus allen Perspektiven die Wichtigkeit der sorgfältigen Verankerung kultur- und kreativwirtschaftlicher Projekt und deren Initiatoren vor Ort. Die Stichworte in diesem Zusammenhang lauteten «Co-Creation» und «regionaler Netzwerkaufbau». Einig war man darin, dass die Frage der Skalierung von Aktivitäten und entsprechend der Umgang mit bestehenden politisch-sozialen Strukturen vor Ort viel Fingerspitzengefühl abverlangen.
Zugleich aber wurde auch das hohe Potential des «Nicht-Vorhandenseins» von Standards angesprochen, die Akteuren gegenüber den oft stark reglementierten urbanen Kontexten gedanklichen und praktischen Freiraum bieten und damit gerade für kreative Branchen Perspektiven öffnen. Damit kann weit mehr als blosse «Fassadenrenovation» in Gang kommen und ein entsprechend positiver Einfluss auf die soziokulturelle und ökonomische Dynamik in den entsprechenden Regionen entstehen.
Einen zweiten Diskussionsschwerpunkt bildeten die vielschichtigen Verhältnisse des urbanen zum ländlichen Raum, vor allem in Bezug auf die Gefahr einer kulturellen Romantisierung auf der Basis von wohlorchestrierten Klischeebildern.
Kontroverse Schlagworte wie «New Highlander», «Wellness-Kultur», «Urban Crisis», «Creative Tourism», «Umwegrentabilität», «Rural Braindrain» oder die «Naturpark-Falle» wurden verhandelt, aber auch auf die konkret erfahrbare Rolle der Architektur im Spannungsfeld von Tradition und zeitgenössischer Formensprache und damit verbundene oftmals sehr unterschiedliche Referenzenwerte und Erwartungshaltungen in Bezug auf Authentizität und ästhetische Sensibilität verwiesen.
Als Fazit des Workshops lässt sich sagen: Das Potential für eine nachhaltige Standortentwicklung, das Kreativschaffende verschiedenster Disziplinen im Alpenraum einbringen können, ist definitiv hoch.
Insbesondere auch im Hinblick auf die Mobilisierung transdisziplinärer Denk- und Verfahrensweisen, die ästhetische Strategien nutzen, sich räumliche Qualitäten in neuen Weisen aneignen und so innovative Erfahrungs- und Handlungsmöglichkeiten eröffnen, bieten sich mit der Kultur- und Kreativwirtschaft große Chancen zur Schaffung motivierender Zukunftsszenarien für den Alpenraum.