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    Der Schrei als Tool

    Aus dem Hochschulmagazin Zett

    Veröffentlicht am 11.03.2025

    Autor:in Martina Egli

    Im Bachelor Art Education setzt sich Alicia Francine Meier damit auseinander, als Vermittlerin selbstständiges Denken zu fördern. Zugleich sucht sie in ihren Performances – auch mal schreiend – nach den Grenzen und Möglichkeiten von Wahrnehmung.

    Im Gymnasium hatte ich stets das Gefühl, dass ich zu weit beziehungsweise nicht in den richtigen Rastern denke. Mein Studium gibt mir die Möglichkeit, mich auszuprobieren. In der Art Education ist es nicht nur akzeptiert, sondern sogar erwünscht, grenzenlos zu denken. Je länger ich mich mit Vermittlung auseinandersetze, desto mehr realisiere ich, dass potenziell alles Vermittlung ist. Meine Aufgabe als zukünftige Lehrperson sehe ich darin, Neugierde und Kreativität zu wecken, sodass die Schüler:innen lernen, selbst zu denken und zu reflektieren. Ebenso kann ich mit meinem künstlerischen Mindset in diese Welt hinausgehen und sie spielerisch hinterfragen.

    Die Performance «Glöggle» startete beim Central und endete bei der Endstation der Tramlinie 4. Aus: «Für die kleine Alicia. Die Frau, die schreit.», Alicia Meier, 2024

    Im Alltag haben wir oft einen Tunnelblick. Mit meinen Performances möchte ich die Menschen aufrütteln und mit Fragen konfrontieren. An der Schwelle meiner Vertrautheitszone erkunde ich in meiner Diplomarbeit die Grenzen zwischen Kindheit und Erwachsensein. Was passiert, wenn ich als erwachsene Person Dinge tue, die normalerweise Kinder tun und die als kindliche Handlungen auch toleriert werden? Als ich während meiner Tram-Performance permanent mit der Fussglocke klingelte, kam ein älterer Herr zu mir und fragte mich, ob «man das ärztlich behandeln kann». Ich reagierte, wenn ich angesprochen wurde, stets nur mit «Wieso?» In dieser Frage steckt so viel Potenzial, weil sie dazu anregt, die Dinge wirklich tiefgründig zu hinterfragen. Künstlerische Aktionen können noch so banal sein – wenn man sie konzentriert und mit einer klaren Haltung durchführt, können sie viel auslösen. So geht es mir auch mit dem Schreien. 

    Künstlerische Aktionen können noch so banal sein – wenn man sie konzentriert und mit einer klaren Haltung durchführt, können sie viel auslösen.

    Alicia Francine Meier

    «In einer Kirche schreien» ist Teil einer Schrei-Serie, die ganz unterschiedliche Orte befragt. Aus: «Für die kleine Alicia. Die Frau, die schreit.», Alicia Meier, 2024

    Inspiriert wurde ich auch hier von Kindern, die laut schrien. Schliesslich schrie ich selbst, im Hinterhof, vor der Credit Suisse am Paradeplatz, im Schlachthof, im Toni-Areal, im Lift, in einer Kirche, vor einem Mann, in der freien Natur. Beim Schreien setze ich mich mit den Orten und der Zeit auseinander und lerne sie aus neuen Perspektiven kennen. Wo fällt es mir leichter, wo schwerer und warum? Wo setzt mir sogar mein persönliches Umfeld unerwartete Grenzen? 

    Die Durational Performance «Eine Rolle lang» dauerte bis zum letzten Blatt der WC-Rolle drei Stunden und 25 Minuten. Aus: «Für die kleine Alicia. Die Frau, die schreit.», Alicia Meier, 2024

    Alle meine Performances haben eines gemeinsam: Sie dienen mir als Werkzeug, um die Welt besser zu verstehen und zu ergründen, welchen Einfluss Dinge und Handlungen auf uns haben. Gleichzeitig ermöglicht mir die künstlerische Praxis, sichtbar und erfahrbar zu machen, wie die individuelle Wahrnehmung uns formt und verändert. Das schlägt die Brücke zur Vermittlung. Als Lehrperson ist es enorm wertvoll, sich bewusst zu machen, dass Menschen sehr unterschiedlich wahrnehmen: Dies bringt ein grundlegendes Verständnis für Vielfalt und Zugänglichkeiten.


    Studienangebot

    Mehr Informationen: Bachelor Art Education


    Martina Egli ist Kommunikationsverantwortliche für das Departement Kulturanalysen und Vermittlung. 


    Life Performances von Alicia Francine Meyer: Die Frau, die schreit. 

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