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    Augenschule im Museum

    Im Landesmuseum Zürich finden sich Wurzeln der heutigen ZHdK: Andreas Spillmann, Direktor des Schweizerischen Nationalmuseums, vor dem 2016 eröffneten Erweiterungsbau. Foto: © Schweizerisches Nationalmuseum

    Veröffentlicht am 18.03.2018

    Autor:in Franziska Nyffenegger

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    In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden in der Schweiz die ersten kunstgewerblichen Fachschulen, meist eng gekoppelt an Gewerbemuseen und deren Mustersammlungen. So auch in Zürich. Wie solche Mustersammlungen zusammengestellt wurden, ist ab dem 23. März in der Ausstellung «Auf der Suche nach dem Stil. 1850 bis 1900» im Landesmuseum Zürich zu sehen.

    Franziska Nyffenegger: Die Zeit zwischen 1850 und 1900 gilt als Periode der technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbrüche. Auch heute ist oft die Rede von Umbruch. Inwiefern lassen sich damals und heute vergleichen?
    Andreas Spillmann: Die Maschinen des 19. Jahrhunderts hatten eine vergleichbare Auswirkung auf die Arbeitsmärkte wie sie Algorithmen heute haben. Die damals neue serielle Produktion machte das Handwerk zweitrangig und verdrängte es. Das 21. Jahrhundert verdrängt seinerseits die mehr oder weniger einzige übrig gebliebene Handarbeit – das Zeichnen der Gestalter. Wir können heute mithilfe von Algorithmen Neubauten entwerfen, Schmuck skizzieren oder sogar Musik komponieren; wir brauchen das kreative Individuum also nur noch bedingt.
    Ein Blick zurück ins 19. Jahrhundert ist aber auch deshalb interessant, weil uns die Gestaltungsideen dieser Epoche heute wieder beschäftigen: Denken Sie an Christopher Dressers Zuckerdose, die Alessi wieder neu aufgelegt hat, an die Guipure-Stoffe der Forster Rohner AG oder an gewisse Arbeiten von Rem Koolhaas und Herzog & de Meuron.

    Was hat das zu bedeuten?
    Dass die Technologie für den Erfolg einer Neukreation oft ebenso wichtig ist wie der gestalterische Einfall. Und dass ausserordentliche Werke aus der Inspiration von Vergangenem und Fremdem schöpfen. Die Annahme, Künstler, Architekten oder Designer würden ausschliesslich aus sich selbst schöpfen, um Neues zu kreieren, mag romantisch sein, ist aber unzutreffend.

    Ende des 19. Jahrhunderts befanden sich die Kunstgewerbeschule und das Gewerbemuseum – die Vorläuferinstitutionen der heutigen ZHdK und des Museum für Gestaltung – im Ostflügel des Landesmuseums. Die Sammlung spielte in der Ausbildung eine zentrale Rolle. Was genau wurde denn gesammelt und weshalb?
    Im gewerblichen und gestalterischen Unterricht dienten Mustersammlungen mit Textilien, Keramik, Glas oder Grafik aus dem In- und Ausland als formale Vorbilder. Die exemplarischen Objekte sollten das Auge und den kunsthandwerklichen Verstand schulen. Im Unterschied zum Gewerbemuseum beherbergte das Schweizerische Landesmuseum die Schenkung des Standortkantons Zürich mit mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Zeugnissen und ergänzte diesen Bestand gezielt mit weiteren Helvetica.

    Haben das Landesmuseum, das Gewerbemuseum und die Kunstgewerbeschule zusammengearbeitet oder befanden sie sich einfach – mehr oder weniger zufällig – am selben Ort?
    Die Institutionen wurden nicht zufällig zusammengelegt, auch wenn sie unterschiedliche Aufträge hatten. Der Auftrag des Landesmuseums war, ein kulturhistorisches Museum für die Schweizer Bevölkerung zu werden, und derjenige der Schule war, für die Studierenden formale Vorbilder zur Ausbildung der zukünftigen Gestalterinnen und Gestalter zu sammeln. Die Faszination aber galt beidem: dem Historischen und dem Gegenwärtigen. Es ist bekannt, dass die Schülerinnen und Schüler in den Ausstellungsräumen gezeichnet haben. Das Museum war eine Art «Augenschule». «Lernen am Modell» lautete das pädagogische Credo.

    Auf welche Exponate der neuen Ausstellung freuen Sie sich besonders?
    Zum Beispiel auf die grossartigen Textilien aus Lyon, London, Wien und Zürich. In der Kunsttheorie des vergangenen Jahrhunderts wurde, wie man weiss, alles Ornamentale verflucht. Schöne Ornamente kannten und schätzten die Kulturen aber bis weit ins 19. Jahrhundert. Nach der ironisierenden Postmoderne und der Ästhetik des Minimalismus freue ich mich persönlich sehr über die aktuelle Renaissance des Ornaments.

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