Mit der Maschine lernen

    Wie lernt eine Maschine, Musik zu machen? Und was lehrt sie uns im Gegenzug? Für Melody Chua, Absolventin Master Transdisziplinarität, ist Improvisation die treibende Kraft, die herausragende Künstler:innen hervorbringt. Mit ihrer Improvisationsmaschine AIYA untersucht sie, wie klangliche und visuelle Darstellungen von Maschinen die Wahrnehmung von Improvisation beeinflussen.

    Bild: Melody Chua mit Flöte während einer Performance
    Melody Chua ist Pionierin in der Entwicklung interdisziplinärer Performances mit neuen Technologien. Foto: Betty Fleck © ZHdK

    Melody Chua ist Flötistin und Visual-Art-Künstlerin. Nach den Bachelors Flute Performance und Music Technology an der University of Illinois at Urbana-Champaign kam sie 2016 mit einem Fulbright-Stipendium an die ZHdK. Hier absolvierte sie einen Master Music Performance sowie einen Master Transdisziplinarität. Der Studiengang nimmt eine Scharnierfunktion zwischen unterschiedlichen Disziplinen in Kunst und Design, zwischen Wissenschaft und Gesellschaft ein. Seit Oktober 2021 studiert Chua im Doktoratsprogramm Darstellende Künste, Musik und Film. «Mich interessiert, wie Töne miteinander interagieren», erklärt Melody Chua ihre Forschungsmotivation. Obwohl erst 27, ist sie eine Pionierin in der Entwicklung interdisziplinärer Performances mit neuen Technologien. Ihr Portfolio umfasst Arbeiten mit 360°-Touchscreens, 360°-Videos, Ambisonics, Motion-Capture-Systemen, Live-Coding, drucksensitiven Schuhen, Echtzeitprojektionen und sensorerweiterten Instrumenten.

    «Mich interessiert, wie Töne miteinander interagieren.»

    Melody Chua, Absolventin Master Transdisziplinarität

    Die schwarze Box

    Chuas aktuelle Forschung an der ZHdK konzentriert sich auf die Entwicklung der Improvisationsmaschine AIYA, die Inputs von einer sensorgesteuerten Flöte erhält. In ihrer Fallstudie «Black Box Fading» beschäftigt sie sich mit Immersion und Verkörperung, wie sie sich im Bereich der improvisierten Musikperformance zwischen menschlichen und nicht menschlichen Akteur:innen manifestieren. «Meine Improvisationsmaschine sehe ich als eine verkörperte posthumane Erweiterung des menschlichen Gegenstücks», erklärt Chua. Für sie hat Immersion auch sehr viel mit Aufmerksamkeit und Körpererfahrung zu tun: «Als Musikstudierenden wird uns beigebracht, Regeln des Musikmachens zu befolgen. Als Expert:innen hingegen sollen wir Dinge nicht zu sehr überdenken. Das gelingt uns am besten, wenn wir improvisieren – und am allerbesten, wenn wir in der Immersion improvisieren. Dann geschieht alles im Flow», weiss Chua.

    «Die Art der Mensch-Maschine-Beziehung ist ein Spiegelbild unserer Beziehung zu uns selbst.»

    Melody Chua, Absolventin Master Transdisziplinarität

    Mithilfe eines Beamers setzt sie Klänge ihrer sensorgesteuerten Flöte in Farben und Formen um und bringt diese auf die Leinwand. Chua ist überzeugt vom Potenzial neuer elektronischer Schnittstellen, die sowohl als Vehikel für den narrativen Ausdruck als auch als Möglichkeit zur Destabilisierung der normativen Beziehungen zur Technologie dienen können. «Die Art der Mensch-Maschine-Beziehung ist ein Spiegelbild unserer Beziehung zu uns selbst», erklärt sie. «Ich sehe meine Arbeit als Aufforderung an uns alle, über den Zustand von Empathie und Verständnis in und zwischen uns selbst nachzudenken.» Die Ästhetik, die Chua in ihren Werken schafft, tendiert zu immersiven Zukunftsfiktionen mit Untertönen von Nostalgie und Introspektion, die das Publikum in intime Welten ziehen.

    Bild: Melody Chua während einer Performance
    Flötistin und Visual-Art-Künstlerin Melody Chua während einer Performance. Filmstill: Melody Chua

    Emotionen wecken

    Die Performances von Chua finden in nahezu vollständiger Dunkelheit statt. Die Klänge sind oft nur ansatzweise zu hören, während die kaleidoskopartigen Projektionen sich mit der Musik verändern. Sie vermischt Elektronik, Visuelles und Szenisches. «Nicht nur Musik, nicht nur Kunst, sondern Cross-Combination», erklärt sie.

    «Es sind die spannenden Projekte, die Offenheit und die Menschen, die mich an die ZHdK gebracht haben – und auch die technologische und mediale Transdisziplinarität.»

    Melody Chua, Absolventin Master Transdisziplinarität

    Der ZHdK wird Chua, die international auftritt, mindestens bis zum Ende ihres Doktoratsprogramms treu bleiben: «Es sind die spannenden Projekte, die Offenheit und die Menschen, die mich an die ZHdK gebracht haben – und auch die technologische und mediale Transdisziplinarität», sagt sie und strahlt. 

    Bild: Melody Chua während einer Performance
    In der Fallstudie «Black Box Fading» geht es um Immersion und Verkörperung. Filmstill: Melody Chua

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