Oscarverdächtig

    Der Titel passt perfekt: Der Tanzkurzfilm «Out of Ordinary» von Luca Signoretti, Choreography-Absolvent, und den Kamerastudierenden Alicja Pahl und Tobias Buchmann ist tatsächlich aussergewöhnlich. Mit seiner Nomination für die Student Oscars legte das Trio einen Disziplinentango aufs Parkett. 

    Bild: Frauen tanzend
    Tanzkurzfilm «Out of Ordinary» von Luca Signoretti, Alicja Pahl und Tobias Buchmann. Filmstill: Hubert Schmelzer

    «And the Student Oscar goes to …!» Wenig hätte gefehlt, und dieser Satz hätte mit den Namen Luca Signoretti, Alicja Pahl und Tobias Buchmann geendet. Der Absolvent Master Dance, Choreography, und die beiden Kamerastudierenden im Master Film standen mit ihrem Tanzkurzfilm «Out of Ordinary» 2020 im Finale der 47th Student Academy Awards. Zusammen mit drei weiteren Filmen schaffte es «Out of Ordinary» in der Kategorie «Alternative/Experimental» in die letzte Runde. Damit setzte sich die Serie der für die Student Academy Awards nominierten ZHdK-Produktionen fort. 

    Im ständigen Trialog

    Aus dem Departement Darstellende Künste und Film waren mit Tanz und Film gleich zwei Disziplinen am Projekt unter Leitung von Kameradozent Andreas Birkle beteiligt. Der Tanzkurzfilm ist das Resultat des interdisziplinären Methodikseminars «In Motion», an dem auch Filmkomposition-Studierende teilnahmen. In dessen Rahmen wurde exemplarisch erprobt, wie sich der physische und raumorientierte Tanz in ein zweidimensionales Medium überführen lässt. Mit einfachen Mitteln entwickelten die Studierenden gemeinsam Lichtgestaltung, Szenografie und Choreografie nach musikalischen und strukturellen Vorgaben. Zentrales Lernziel war, die Studierenden zu befähigen, Körperarbeit und technische Mittel wie Kamera, Licht und Studioequipment aufeinander abzustimmen. «Es ist eine exemplarische interdisziplinäre Zusammenarbeit, die verschiedene Praxisfelder der ZHdK vereint: Choreografen, Komponistinnen, Tänzer, Editorinnen, Sounddesigner arbeiten Hand in Hand», erklärt Masterstudentin Alicja Pahl. 

    Bild: Frauen tanzend
    Der Tanzkurzfilm «Out of Ordinary» schaffte es ins Finale der 47th Student Academy Awards. Filmstill: Hubert Schmelzer

    Geballtes Know-how ist kraftvoll. Doch haben auch alle dieselbe Vision? Für die Filmschaffenden war der Qualitätsanspruch von Anfang an hoch, wie Alicja erklärt: «Luca, Tobias und ich sind sehr ehrgeizig. Trotz unserer Unterschiede haben wir sehr schnell zu einer gemeinsamen Sprache gefunden. Tobias ist unheimlich stark in der Umsetzung, er kommt laufend mit neuen Ideen für anspruchsvolle Bilder. Luca belebt die Geschichte mit den Tänzerinnen und Tänzern. Er hat immer einen Raum vor Augen, wenn er eine Choreografie entwickelt. Ich arbeite stark inhaltsbezogen und bin spontan kreativ. Ich mag es zu improvisieren, verliere dabei aber nie das Gesamtbild aus den Augen.»

    Was wäre, wenn wir durch Rahmen und Bildschirme wandern könnten?

    Und so scheint in diesem Trialog eine Frage zentral gewesen zu sein: Was wäre, wenn wir durch Rahmen und Bildschirme wandern könnten? «Out of Ordinary» nimmt sein Publikum mit auf eine fantasievolle Reise, in deren Verlauf Körper und Musik verschmelzen. Als Location diente das Museum für Gestaltung Zürich.

    Tanzen auf Distanz

    Als im Frühling nur noch von «Physical Distancing» gesprochen wurde, galt auch für ZHdK-Studierende nur noch Tanzen auf Abstand. Anpassen an die neue Situation, lautete die Devise. Gianni Malfer, operativer Leiter des Bachelors Contemporary Dance, war besonders wichtig, dass sich die Tänzerinnen und Tänzer ausgiebig bewegen, damit sie nicht in ein psychisches Loch fallen: «Wir mussten deshalb im Lockdown eine neue Struktur aufbauen: mit täglichem Training, Aufgaben in Musiktheorie und Career Development. Zudem engagierten wir Choreografinnen und Choreografen, die mit den Studierenden über Zoom arbeiteten. So hatten diese einen Grund, morgens überhaupt aufzustehen.» Eigentlich sei die Umstellung erstaunlich schnell gelungen: «Die Gruppendynamik war enorm. Alle litten unter den Umständen, waren alleine und hatten wegen Jobverlusten nichts anderes zu tun, als zu tanzen.» Und vor allem hatten alle dasselbe Ziel: unter allen Umständen das Semester beenden! Besonders ein Bild wird Malfer bleiben: «Der Bildschirm mit diesen 15 Zoom-Fenstern und die Vorstellung, dass eine Person in Italien, eine in Japan, eine in Kanada ist – das war schon verrückt.» 

    «Corona hat gezeigt: Der Raum kann auch mal irgendwo sein – auf dem Rasen, dem Schiffsteg, im Wald.»

    Gianni Malfer, operativer Leiter Bachelor Contemporary Dance

    Gianni Malfer kann der einschneidenden Krise positive Erkenntnisse abgewinnen: So sollen beispielsweise Auditions potenzieller Studierender künftig per Video oder Livestream abgehalten werden können. «Wir sind eine physische Disziplin, die Raum braucht. Aber Corona hat gezeigt: Der Raum kann auch mal irgendwo sein – auf dem Rasen, dem Schiffsteg, im Wald.»

    Und ist der Raum ein Museum, können auch oscarreife Tanzkurzfilme entstehen. Besonders erfreulich: Choreograf Luca Signoretti ist Absolvent des ersten Jahrgangs des Masters Dance. Zusammen mit sieben Kommilitoninnen und Kommilitonen hat er im Corona-Jahr sein Studium erfolgreich abgeschlossen. 

    Bild: Frau tanzend
    Im Museum für Gestaltung Zürich gedreht: Tanzkurzfilm «Out of Ordinary». Filmstill: Hubert Schmelzer

    → Mehr aus dem Departement Darstellende Künste und Film 2020