Die Bedeutung von Technologien und techno-naturwissenschaftlichen Methoden in der Kunst für die Wahrnehmung und Ästhetik des Ökologischen
Das Forschungsprojekt «Ökodaten – Ökomedien – Ökoästhetik» untersucht, welche Rolle Technologien und naturwissenschaftliche Methoden in der Kunst für die Wahrnehmung ökologischer Zusammenhänge spielen. Das Ziel besteht darin, durch die Engführung von Theorie und Praxis einerseits, und von Natur-, Geisteswissenschaften und den Künsten andererseits Möglichkeiten zu reformulieren, welche sich für Denken und Handeln in unserer technologisierten Welt eröffnen. Das Forschungsprojekt ist anwendungsorientiert und besteht aus einem theoretischen und einem praktischen Teil. Im theoretischen Teil analysiert Yvonne Volkart bestehende internationale Kunstprojekte, die ökologische Zusammenhänge thematisieren, und bettet sie diskursanalytisch ein. Im praktischen Teil untersuchen die drei künstlerischen Forschenden Marcus Maeder, Rasa Smite und Aline Veillat in enger Zusammenarbeit mit dem WSL und weiteren Umweltwissenschaftler_innen das alpine Ökosystem «Pfynwald». Dieser Wald im Wallis ist neben zwei weiteren Wäldern in den USA und Spanien der einzige, von dem seit fast drei Jahrzehnten relevante Daten bezüglich des Effekts der Klimaerwärmung auf Wälder gesammelt werden. Schwer geschädigt durch die lokale Aluminiumindustrie und die extreme, durch die Klimaerwärmung zugenommene Trockenheit, fungiert er als Langzeit-Outdoor-Laboratorium, um die Bedingungen von Waldfähigkeit im Anthropozän zu erforschen.
Inter/national hat neben der geisteswissenschaftlichen Debatte auch in den Künsten eine rege Diskussion über Umwelt, Landschaft, Boden, Gärtnern, Natur und den Klimawandel eingesetzt; Ausstellungen und Konferenzen widmen sich den verschiedenen Facetten dieser Themen. Trotz dieser Entwicklung lässt sich feststellen, dass die Frage nach dem Technologischen und dessen Dispositiven immer noch weniger den breiten künstlerischen und kunstwissenschaftlichen Diskurs ergriffen hat. Er findet v.a. in medienkünstlerischen und medienwissenschaftlichen Kontexten statt, und auch da kaum auf das Ökologische bezogen.
An diesem Punkt setzt das vorliegende Forschungsprojekt an. Es versucht, eine Brücke zu schlagen sowie die ästhetisch-epistemologischen Dimensionen des techno-naturwissenschaftlichen Komplexes in den Künsten diskursiv, kunsttheoretisch und praktisch zu verorten, weiterzuentwickeln und mittels vielfältiger Vermittlungsformate an ein wissenschaftliches und nicht-wissenschaftliches Publikum weiterzugeben. Die Forschungsfrage lautet: Was können technologische und techno-naturwissenschaftliche Praxen in der Kunst für die Sensibilisierung ökologischer Zusammenhänge sowie für eine ökologische Handlungsfähigkeit leisten, was nicht? Wie lassen sich ästhetisch-kritische Praxen formulieren, die simple techno-naturwissenschaftliche Settings und Identifikationen sprengen? Der theoretische Teil analysiert mittels kunstwissenschaftlicher Lektüren sowohl bestehende als auch die neu entstehenden Projekte. Qualitative Befragungen zu den Erfahrungen des Publikums ergänzen diese Erkenntnisse. Der praktische Teil besteht aus einem je eigenständigen mehrstufigen ökomedialen Projekt, in welchem umweltspezifische Phänomene mit verschiedenen Technologien vermessen, verschaltet und verdatet werden bzw. naturwissenschaftliche Untersuchungs- und Präsentations-Methoden beobachtet, adaptiert, reflektiert und in ein neues ästhetisches Setting übertragen werden.
«Ökodaten – Ökomedien – Ökoästhetik» geht davon aus, dass ökologische Künste, insofern sie den gesamten «Haushalt» (Oikos) bzw. die gesamte Kette mitdenken, machtvolle Wissens-Praktiken, Methoden, Perspektiven und Technologien inklusive deren Vor- und Nachgeschichten medienspezifisch und ästhetisch reflektieren. Darüberhinaus schaffen sie artefaktische Arrangements aus unterschiedlichen Medien, Materialien und Umweltaspekten, die bestenfalls zu neuen Wahrnehmungen, Erfahrungen und Kommunikationen mit unseren Ökosystemen führen.