Hauptnavigation

      • DE
      • EN
    • Merkliste
    • Menü Menü
    Sie befinden sich hier:
    1. Forschungsprojekte
    Mehr zu: Forschungsprojekte

    Konzeptuelle Praktiken oder (künstlerische) Wieder-Aneignungen des Politischen

    Institute for Cultural Studies in the Arts (ICS) (bis 2019)

    Untersucht wird das relationale Verhältnis zwischen historischen und gegenwärtigen Protestformen und der Conceptual Art bzw. künstlerisch-konzeptuellen Praktiken. Unter dem Eindruck aktueller Protestbewegungen und ihrer ästhetischen Formen wird analysiert, ob und, wenn ja, welche Verbindungen zwischen diesen auszumachen sind. Angestrebt wird eine argumentative Verknüpfung zwischen kunstgeschichtlichen Begriffen/Denkfiguren und deren politischen Implikationen, die eine kritische Revision der Geschichte der Konzeptkunst erforderlich machen.

    Seit den 1960er Jahren werden künstlerische Arbeiten, die die vorausgehende Idee oder das Konzept als gleichwertig gegenüber der materialisierten Realisierung des Werks betrachten, als Conceptual Art bezeichnet. Die Herkunft des Begriffs ist nicht gänzlich geklärt. Genannt werden in diesem Zusammenhang meist US-amerikanische Künstler (Sol LeWitt, Joseph Kosuth, Henry Flynt, Victor Burgin, Art & Language), die den Begriff für ihre Arbeiten verwendeten. Seit diesen Anfängen wird der Begriff, losgelöst von dieser Herleitung, aus formalen Gründen als Bezeichnung einer kunstgeschichtlichen Stilkategorie verwendet und von abstrakter Malerei und Minimal Art hergeleitet. Als Vorläufer gelten u.a. René Magritte, Marcel Broodthaers sowie als Ursprung dieser Entwicklung Marcel Duchamp. Für diese lineare Kanonisierung hat sich besonders der Kunsthistoriker Benjamin Buchloh u. a. mit seinem kontrovers diskutierten Aufsatz «Conceptual Art 1962-1969: From the Aesthetic of Administration to the Critique of Institutions» (Buchloh 1990) eingesetzt. Duchamp ist nach Buchloh die entscheidende Referenz der Konzeptkunst, da er als Erster in dieser Deutlichkeit auf die Rahmungsfunktion der Kunstinstitutionen hingewiesen und substanzielle Kritik an ihrer Definitionsmacht sowie den Kategorien der idealistischen Ästhetik geleistet habe. An dem normativen Anspruch und der Engführung von Buchloh entzündete sich vehemente Kritik. So warfen Kosuth und Siegelaub Buchloh eine Duchamp-Fixierung und Geschichtsfälschung vor. Sie traten dafür ein, dass Konzeptkunst aus einer ausschliesslich kunsthistorischen Perspektive nicht adäquat zu erfassen sei. Viel entscheidender sei, dass es sich bei vielen künstlerischen Artikulationen immer auch um ein politisches Projekt gehandelt habe, das im engen wechselseitigen Zusammenhang z. B. mit der Ära des Vietnam-Kriegs oder auch der Studierendenproteste um 1968 gestanden habe. Unter dem Eindruck gegenwärtiger Protestbewegungen und ihrer ästhetischen Formen, die formal an die Conceptual Art erinnern, verfolgt das Forschungsprojekt die Frage, ob und, wenn ja, welche Bezugnahme auf die Conceptual Art darin erkennbar wird und wie von dieser offensichtlichen Beziehung zum politischen Protest aus die Geschichte der sogenannten Conceptual Art noch einmal aufgerollt und umgeschrieben werden muss. Im Vordergrund steht, neue Anschlüsse zu finden, einen Perspektivenwechsel einzuleiten sowie für eine Dezentralisierung und Aktualisierung (künstlerischer) konzeptueller Praktiken einzutreten. Einerseits geht es also darum, eine andere Genealogie (künstlerischer) konzeptueller Praktiken zu erstellen. Andererseits wird mit einem erweiterten Analyserahmen sowie aktuell notwendig erscheinenden Bezugnahmen für eine Aktualisierung des kritischen Potenzials dieser Praxisformen eingetreten. D. h. es werden insbesondere die Verbindungslinien zwischen künstlerischen konzeptuellen Praktiken und sozialen Bewegungen recherchiert und analysiert, da diese in der Kunstgeschichte meist marginalisiert oder ausgeblendet wurden. Ausserdem geht es darum, den Untersuchungsrahmen über die prominenten Vertreter_innen von Konzeptkunst hinaus deutlich zu erweitern. In den Blick geraten dann Positionen und Artikulationen jenseits der Kunstzentren (z. B. aus Ländern in Süd-/Mittelamerika, Osteuropa, aber auch aus der Türkei und Hong Kong), die teilweise zeitgleich mit der kunstimmanenten Conceptual Art der «westlichen» Kunstszene in den 1960er Jahren entstanden sind, die aber – über die Ansätze der Conceptual Art hinausgehend – konsequent die Möglichkeiten von Kunst im Hinblick auf soziale, politische und ökonomische Umstände und deren Beeinflussung sowie Wandel ausgelotet haben. Drei hier geplante Case Studies in Buenos Aires, Istanbul und Hong Kong sollen einerseits Kontinuitäten dieser Entwicklungslinie herausarbeiten und andererseits ihre zeitgenössischen Erscheinungsformen untersuchen. In Buenos Aires dokumentiert das Archiv Tucumán Arde die Politisierung argentinischer Künstler_innen seit Mitte der 60er Jahre im Rahmen von deren theoretischen Kontexten. Istanbul und Hong Kong bieten sich für eine Untersuchung vor allem hinsichtlich der dort in den letzten Jahren vermehrt vorzufindenden künstlerischen, aktionistischen, politischen «Aktivismen» und deren Vermischungen an. Das geplante Forschungsprojekt baut auf den Ergebnissen der Projekte Institutions of Critique? Hegemonie und Kritik im künstlerischen Feld 1+2 – insbesondere der Interrelation zwischen künstlerischer/kuratorischer Praxis als kritischer Methode der Wissensgenerierung – auf, ist aber keine Fortsetzung.

     

    Bild: Ausschnitt aus Hubert Fanthommes Fotografie der Hängung des Gemäldes «La Liberté guidant le peuple» von Eugène Delacroix (nach dessen Beschriftung durch eine Besucherin und anschliessender Restauration) im Louvre-Lens, unter der sorgsamen Begutachtung des Direktors der Gemäldesammlung Vincent Pomarède, 22. November 2012. © Paris Match

    Details

    • Forschungsschwerpunkt
      • FSP Kulturanalyse in den Künsten
      • FSP Kulturanalyse in den Künsten (bis 2019)
    • Projektleitung
      • Soenke Gau (ICS (bis 2019))
    • Laufzeit

      01.01.2016 – 31.05.2021

    • Finanzierung
      • Interne Projektfinanzierung ZHdK (01.01. – 30.06.2016)
      • ZHdK
    • Forschungszugänge
      • Grundlagenforschung
      • Wissenschaftliche Forschung
    • Disziplinen

      Fine Arts, Transdisziplinarität

    • Schlagworte

      Transversalität, Protestformen, Soziale Bewegungen, Konzeptuelle Praktiken, Conceptual Art