Ausgrenzung und Verdrängung sind eng mit einer unternehmerischen Stadtpolitik verwoben und werden nicht selten bewusst als Strategien eingesetzt, um die Stadt nach global ausgerichteten Idealen und ökonomischen Interessen umzugestalten. Diese verändern sowohl die physischen öffentlichen Räume wie auch das Miteinander der Stadtbewohner. Immer mehr Menschen sind von diesen vielschichtigen Prozessen betroffen, doch nur selten kommen die Betroffenen selbst zu Wort. Das Projekt „Die fragmentierte Stadt“ möchte dies ändern und stellt die Perspektive der Ausgeschlossenen ins Zentrum.
Der Stadtplaner Jan Gehl fordert in der Dokumentation „Wem gehören die Städte?“ (Arte 2013) den Zugang zu öffentlichen Räumen als Menschenrecht. In der neoliberalen, bzw. unternehmerischen Stadt, ist dieser Zugang jedoch aufgrund von Privatisierung und Kommodifizierung sowie zunehmender Regulierung und Exklusions- und Wegweisungspraktiken bedroht. Obdachlose, Alkoholiker/innen, randalierende Jugendliche oder sonst Unerwünschte werden aus vielen öffentlichen Räumen zunehmend verdrängt. Während viele Stadtplaner/innen und Soziolog/innen mehr Heterogenität und Diversität einfordern, um die Stadt „lebendig“ zu halten, arbeiten die Stadtverwaltungen nicht selten in genau die entgegengesetzte Richtung. Durch die vermehrte Zusammenarbeit der Städte mit privaten Investor/innen und global agierenden Unternehmen geht das verloren, was eine lebendige Stadt ausmacht: die freie und offene Begegnung von Menschen der unterschiedlichsten Klassen und Kulturen. Das Kernstück jeder „Offenen Stadt“ sind seine öffentlichen und potentiell für alle zugänglichen Räume.
Ausgrenzung und Verdrängung sind eng mit einer unternehmerischen Stadtpolitik verwoben und werden nicht selten bewusst als Strategien eingesetzt, um die Stadt nach global ausgerichteten Idealen und ökonomischen Interessen umzugestalten. Strategien der Exklusion verändern sowohl die öffentlichen Räume wie auch das Miteinander der Menschen. Immer mehr Stadtbewohner/innen weltweit sind von diesen vielschichtigen Prozessen betroffen, doch nur selten kommen diese selbst zu Wort; selten wird aufgezeigt, welche Auswirkungen Top-Down-Prozesse sowohl bei den Betroffenen wie auch auf die Nutzung der öffentlichen Räume haben. Das vorliegende Projekt möchte dies ändern und stellt die Perspektive der Ausgeschlossenen ins Zentrum. Dabei sollen sowohl die bewusst eingesetzten Strategien und Massnahmen aufgezeigt werden wie auch die damit einhergehenden Prozesse und ihre unbewusste und subjektive Wahrnehmung.
Die Untersuchung erfolgt anhand von drei Case Studies (Berlin, Graz und Zürich), wobei es darum gehen wird, ein möglichst breites Spektrum von Exklusionsprozessen in Städten des deutschsprachigen Raums sichtbar zu machen. Drei Fragen stehen dabei im Zentrum: In welchen Räumen finden welche Exklusionsprozesse statt? Wer ist, in welcher Weise, von diesen betroffen?Wie werden diese sichtbar, bzw. wie wirken sich diese auf die öffentlichen Räume aus? Bearbeitet werden diese Fragen aus zwei Perspektiven: der Sicht der Exkludierten und der Perspektive der Stadtverantwortlichen (Stadtplaner/innen, Politiker/innen, Stadtteilmanager/innen, etc.). Es kommen drei methodische Zugänge zur Anwendung: In Video-Walks sowohl mit Exkludierten als auch mit Stadtverantwortlichen werden öffentliche und eingeschränkt öffentliche Räume besucht und von diesen vor dem Hintergrund der Leitfragen des Projekts kommentiert. Begleitend dazu wird an den ausgesuchten Orten eine umfassende Fotorecherche durchgeführt, um die vielfältigen Facetten des Phänomens Exklusion gezielt ins Bild zu setzen. Ein dritter Zugang fokussiert partizipative und performative Aspekte. In Verschränkung dazu erfolgt auf Grundlage der gesammelten Daten die Ausarbeitung einer erweiterten Theorie zum Thema Exklusion. Basis des Projekts bildet ein künstlerisches wie auch wissenschaftliches Interesse. Dieses wird durch den Einbezug von zwei PhD-Stellen und der Kooperation mit der Universität Zürich (Wissenschaftliches PhD) und der Kunstuniversität Linz (Künstlerisches PhD) bewusst gestärkt.
Das Projekt verortet sich in einem transdisziplinären Feld zwischen wissenschaftlichen und künstlerischen Praxen und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur künstlerischen Stadtforschung. Die Ergebnisse sollen in einer Ausstellung sowie in einem E-Book veröffentlicht werden.