Das Forschungsprojekt «Die Aufführungspraxis der elektroakustischen Musik» - die Studio di Fonologia-Jahre» untersuchte kanonische Werke des elektroakustischen Repertoires, die am Studio di Fonologia der RAI Milano zwischen den Fünfziger- und Siebzigerjahren realisiert wurden. Anhand ausgewählter Stücke wurden Probleme und Herausforderungen, sowie spezifische Kriterien für heutige Interpretationsansätze herausgearbeitet.
Die Sicherung von Wissen über die Geschichte der elektroakustischen Musik und die originalen technischen Bedingungen, unter welchen sie aufgeführt wurde ist eine wesentliche Voraussetzung zur Entwicklung einer informierten Aufführungspraxis in unserer Zeit. Das Archiv des bekannten Studio di Fonologia der RAI Milano enthält eine grosse Anzahl kanonischer Werke von Komponisten wie Luciano Berio, Luigi Nono, Bruno Maderna und John Cage, die zwischen den fünfziger und siebziger Jahren entstanden. Diese Werke stellen zweifellos einen wichtigen Teil der musikalischen Kultur Europas in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dar.
Ziel des Projektes war es, anhand ausgewählter Stücke Probleme und Herausforderungen, sowie spezifische Kriterien für heutige Interpretationsansätze herauszuarbeiten. In vier Workshops wurden die Werke hinsichtlich ihres Entstehungskontextes, der jeweiligen Quellenlage, ästhetischer Kriterien und aufführungspraktischer Aspekte untersucht. Ausgewählte Werke wurden am Ende jedes Workshops im Konzert präsentiert.
Derzeit entsteht am ICST eine Buchpublikation, in welcher Fragestellungen und Themen der Workshops vertieft behandelt werden. Die vorläufige Gliederung sieht Beiträge zu folgenden Themen vor: Aufführungspraxis der elektroakustischen Musik in historischer Perspektive, Aufführungspraxis von Werken mit Elektronik und Instrumenten, Editionen, Partituren und Rekonstruktionen von elektroakustischer Musik, Komposition, Räumlichkeit und Format, praktische Perspektiven und Aufführungskonzepte, Aufführung und Auktorialität, Literatur zur Aufführungspraxis elektroakustischer Musik, Quellenproblematik elektroakustischer Musik. Eine CD-ROM wird ausserdem vollständige Transkriptionen der Workshops sowie Bilder und Dokumente enthalten.
Im September 2014 wird ein weiteres Forschungsprojekt zur Aufführungspraxis elektroakustischer Musik mit dem Titel «Performance practice of electroacoustic music - a practice-based exchange between musicology and performance» am ICST beginnen. Ermöglicht wird dieses durch den Schweizerischen Nationalfonds (SNF). Projektpartner wird die Paul Sacher Stiftung (Basel) sein. Auf der Methodik des ersten Projektes basierend, wird in diesem Projekt der praktische Fokus erheblich erweitert, indem Musikwissenschaftler und Musiker gemeinsam Aufführungskonzepte entwickeln und erproben werden.