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    Nachtmethoden

    Ein Forschungskolloquium des Institute for Contemporary Art Research IFCAR

    Leitung und Koordination: Kris Decker & Barbara Preisig

    Methoden sind eine merkwürdige Sache. Sie existieren, zum einen, in einer unüberschaubaren Vielfalt und erhalten je nach Projekt, Disziplin, Ausbildung und Interesse ein unterschiedliches Gepräge. Zum anderen ist der Status des Methodischen ambivalent und reicht von der Methodengläubigkeit über die Methodenkritik bis zur Methodenfeindlichkeit, dazwischen ein Spektrum mit einigen Schattierungen. Während das rigide Festhalten an methodischen Konventionen zum Selbstverständnis mancher Forschungsfelder gehört, gilt in Feldern wie der künstlerischen Forschung die Regel, sich von Methodenbegriffen abzugrenzen und stattdessen auf das Offene und Unvorwegnehmbare, das Iterative und Improvisierte des Forschens zu verweisen. Doch wie ist ein solches Methodenverhältnis in der Praxis beschaffen? Welche konzeptionellen Voraussetzungen beinhaltet es? Wo liegen seine Grenzen? Und wie sähe eine Form der Diskussion aus, die auf Negierungen und Stilisierungen des Methodischen verzichtet und es stattdessen in die Wirnisse und Wirklichkeiten der alltäglichen Forschungspraxis zurückholt?

    Das sind Fragen, die wir in diesem Kolloquium behandeln. Wir machen das Unartikulierte, das in Vorträgen und Anträgen keinen Platz findet, zum Gegenstand; beleuchten den lokalen Charakter methodischer Einsätze und befragen sie zu ihren materiellen und handwerklichen Bedingungen; diskutieren die Logiken unserer eigenen Vorgehensweisen, die sich im Laufe von Forschungsprozessen verschieben, verändern, scheitern. Wenn uns das Forschen an die Ränder methodischer Machbarkeiten führt, wenn es Richtungswechsel im Denken verlangt oder dazu zwingt, unsere liebsten Ideen zu verwerfen, dann zeigt sich die wissenschaftliche Praxis von ihrer nächtlichen Seite. Wie lässt sich diese Seite beschreiben und bedenken? Mithilfe welcher Erfahrungen und welcher Literaturen? Es ginge darum, dem Unbehagen an der Methode Raum zu geben—jenseits der Hoffnung, ihm mit szientifizierten Standards beizukommen. Was aus diesem Versuch hervorgehen könnte, sind keine abschliessenden Antworten auf Methodenfragen, sondern deren Verkomplizierung. Nachtmethoden.

    Das Kolloquium ist organisiert vom Institute for Contemporary Art Research IFCAR und richtet sich an Forschende der ZHdK. Aufbauend auf Lektüren, beschäftigt sich «Nachtmethoden» mit methodischen Fragen und Problemen, die uns täglich im Forschungsprozess begleiten. Forschende bringen Texte mit, die in irgendeiner Weise wichtig sind für ihre Forschung, wir diskutieren sie. 

    • Foto aus: Club der toten DichterFoto aus: Club der toten Dichter

    Programm 2019/20

    IM FELD

    »Es ist eben durchaus möglich, (...) eine Feldforschung zu betreiben und dabei überhaupt nichts zu lernen. Ich glaube daher, dass die Feldforschung selbst noch gar nichts garantiert und auch keine magischen Qualitäten besitzt. Die Feldforschung sollte mehr sein als eine bloße Technik, und sie sollte zu einer existentiellen Praxis werden (...). Ist die Feldforschung nicht vom Denken begleitet und das heißt vom Befragen und das heißt vom Problematisieren und das heißt vom Staunen, dann macht es keinen Sinn, irgendwohin zu gehen und dort (...) entweder zu frieren oder zu schwitzen.«

    P. Rabinow (1996), Anthropologie der Vernunft. Studien zu Wissenschaft und Lebensführung, S. 61.

    Staunen, aber wie? Denken, womit?
    Welche unterschiedlichen Formen kann ›Feldforschung‹ annehmen?
    Welchen Traditionen folgt sie? Welchen Idealen?
    Was ist das, ein Feld?
    Wo ist das Feld? Wer ist das Feld?
    Ist das Feld mehr als eine Metapher?
    Wie lässt sich ein Feld begrenzen – historisch, geographisch, epistemologisch?
    Lässt es sich vermessen?
    Ist ein Feld etwas Materielles oder entsteht es im Geist der Forscherin?
    Bin ich mein eigenes Feld?
    Wer beherrscht das Feld?
    Finde ich das Feld? Oder findet es mich?
    Ist die Menge der Fragen, die sich einem Feld entbergen lassen, unendlich?
    In welchem Verhältnis stehen Forschungsgegenstand und Feld?
    Welche Werkzeuge haben wir zur Hand, um das Feld zu beackern, zu pflügen, zu jäten?
    Kann einfach alles zum Feld werden?
    Was hiesse es, im Feld verloren zu gehen?
    Ist das Feld eine Blumenwiese?

    21.Oktober 2019
    Sarah Pink (2015): Doing Sensory Ethnography. Sage: London, Thousand Oaks and New Delhi.

    11. November 2019
    George E. Marcus (1995): Ethnography In/Of The World System: The Emergence of Multi-Sited Ethnography.
    Annual Review Anthropology, 24, 95–117.

    11. Dezember 2019
    Donna Haraway (2006): When We Have Never Been Human, What Is to Be Done?
    Interview in: Theory, Culture & Society, 23(7–8), 135–158.

    28. September 2020
    Laura von Niederhäusern & Barbara Preisig mit
    Maggie Nelson (2020): Die roten Stellen. Autobiographie eines Prozesses.
    Berlin: Hanser.

    12. Oktober 2020
    Gaudenz Metzger mit
    Mira Menzfeld (2018): Anthropology of Dying. 
    Wiesbaden: Springer.

    30. November 2020
    Simon Graf mit
    James Clifford (1990): Notes on (field)notes. 
    In: Roger Sanjek (Hg.). Fieldnotes. The makings of anthropology.
    Ithaca: Cornell University Press, 47–70.

    Dezember 2020
    Ines Kleesattel & Noëmi Stähli mit
    Saidiya Hartman (2019): Wayward lives, beautiful experiments.
    Intimate histories of social upheaval. 
    New York: W.W. Norton.

    Programm 2021

    DIE FUSSNOTE. EINE RANDERSCHEINUNG DES FORSCHENS

    Das Fussnotenmachen gehört zu den unscheinbaren Schreibtischpraktiken, denen über die verschiedenen Forschungstraditionen hinweg ein Platz beschieden ist. Obwohl sie zum Kleingedruckten gehören, sind Fussnoten mehr als bibliographische Notwendigkeiten oder literarisches Beiwerk: In ihnen kommen Denkstile und Diskurse, Disziplinierungen und Distinktionsbegehren, stilistische und soziale Verhältnisse zum Vorschein. Manche Seitenpfade und Sackgassen der Forschungsarbeit hinterlassen in den Fussnoten Spuren, die der ihnen übergeordnete Text ausspart. Erlauben Fussnoten also einen Blick in die Abgründe des Forschens? Wie können die epistemologischen, politischen, historischen und ästhetischen Umstände des Fussnotenmachens befragt werden? Woran lässt sich das Eigentümliche und Ereignishafte einer Fussnote festmachen? Was unterscheidet Fussnoten von Zitaten und anderen Verweisen in künstlerischen und wissenschaftlichen Praktiken? Gibt es sie auch ohne Zahl und Text? Und was sind die Tricks of the Trade (Howard Becker), die uns zu umständlicheren, schöneren, eigenwilligeren, verwegeneren Fussnoten verhelfen könnten? Im Kolloquium wollen wir Lektüren über das Fussnotenmachen mit dem Studium von Beispielen aus fremden und eigenen Arbeiten verbinden, um eine Randerscheinung des Forschens zum Gegenstand nachtmethodischer Spekulation zu machen.

    28. September 2021
    A. Stevens & J. Williams (2006). The Footnote, in Theory.
    Critical Inquiry 32(2): 208–225.

    19. Oktober 2021
    Bring a footnote!

    30. November 2021
    A. Grafton (1997). The Death of the Footnote (Report on an Exaggeration).
    The Wilson Quarterly 21(1): 72–77 & G. Bowersrock (1964).
    The Art of the Footnote. American Scholar 53(1): 54–62.

    14. Dezember 2021
    Bring a footnote! & J. Boully (2007). The Body. An Essay, Buffalo.