Departement Darstellende Künste und Film, DDK
«Die Kamera müsste ein Mittel des Denkens sein», erklärte Jean-Luc Godard 2010 in einem Zürcher Interview. «Wenn ein Wissenschaftler sein Mikroskop so verwenden würde, wie drei Viertel der Regisseure die Kamera, würde er nie etwas entdecken.»
Während Labore für die Wissenschaft anerkannte Forschungsstätten sind, kämpfen Film, Tanz und Theater in Zeiten einer Pandemie doppelt um Studios, Tanzböden und Bühnen, um diese als Werk-, Wirk- und Untersuchungsräume praxisbasierter Forschung nutzen zu dürfen. Erst durch angemessene produktionsästhetische Methoden wird die Forschung einer Kunsthochschule international anschlussfähig, erst fachspezifisch hervorgebrachte Erkenntnisse sind für forschende Künstler:innen interessant.
Eine Herausforderung für Forschende wie Lehrende des DDK war aber 2021 nicht nur der zeitweise Mangel an Denk-, Probe- und Begegnungsräumen, sondern insbesondere die Absenz des Publikums, das Ausbleiben der Tagungsgäste, das wiederkehrende Fehlen eines Gegenübers, der Rezipienten. Das publikumsnahe Departement für Darstellende Künste und Film übersetzte physische Vorgänge auf Zoom, statt diese heran zu zoomen und die Forschung, eben noch auf der Suche nach angemessenen Laboren, konzentrierte ihre Kräfte auf die Nachwuchsförderung. So wurde das 2015 ins Leben gerufene Fellowship Programm nach insgesamt drei Calls und 7 Fellows beendet, aber es entstanden in diesem ungewöhnlichen Jahr das PEERS Pre-Doc Programm und durch die Förderung von Swissuniversities gleich zwei grosse PhD-Programme zum Aufbau eines vierjährigen 3. Zyklus. Krisen können zu Chancen werden und Schwerpunkte verschieben, was offensichtlich künftigen Generationen von Forschenden zugutekommen wird.
Eine lupenrein krisenresistente «Story Map» soll hier dennoch herausgepickt werden: das von der Internationalen Bodensee-Hochschule IBH geförderte «Immaterielle Erbe der Bodenseeregion: Mobilität, Immobilität und gesellschaftlicher Wandel». Die auch hier unumgängliche Nähe zur künstlerischen Praxis und interdisziplinäre Zusammenarbeit (Kulturmanagement, Ethnologie, Musik- und Theaterwissenschaft) konnte sich auf kleinste Bühnen meist bilateraler Begegnungen konzentrieren. Diese Nähe von Forscher:innen und Praxisexpert:innen in den Fallanalysen ermöglichte den notwendigen Praxisbezug und sicherte die Relevanz der Forschungsfragen, inzwischen langfristig zugänglich durch ein interaktives Tool (s. die multimediale Webseite www.zhaw.ch/iunr/immoerbo).
So kam die Forschung doch noch zu ihren Räumen, die Kunst in Kontakt und das Departement zu seinem Mittelbau. Schliesslich kommt Innovation von der Basis und manch ein Handeln beginnt mit «Action».
Marijke Hoogenboom, Direktorin Darstellende Künste und Film DDK, Februar 2022