Das Forschungsprojekt denkt Ansätze der Masterarbeit Chips & Cheats von Laura Haensler weiter. Sie zeigen auf, wie tiefgreifend der Einfluss des Parameters «Geschlecht» auf unser tägliches Konsumverhalten und performativen Habitus eines Subjekts ist.
Das Forschungsprojekt beschäftigt sich mit der Frage, wie Identität, Familienmodelle, Rollenbilder und Beziehungsstrukturen in und durch Essen konstituiert werden. Das Projekt dient der Vorbereitung eines Forschungsantrages der Fachrichtung Trends & Identity zum Thema Design und Gender.
Essen, verstanden als kulturell gestiftete und kulturstiftende Handlung, dient als Spiegel gesellschaftlicher Konstitutionen und Identitätskonstruktionen. Durch den Akt des Essens werden Hierarchien gefestigt und Botschaften kommuniziert. «Zeige mir deinen Kühlschrank und ich sage dir, wer du bist». Die Masterarbeit Chips & Cheats von Laura Haensler zeigt auf, welche tiefgreifende Auswirkungen dabei der Parameter Gender ausübt: Am exemplarischen Beispiel der Kartoffelchips macht sie deutlich, welchen vergeschlechtlichten und reduktionistischen Kodierungen der scheinbar triviale Griff in die Tüte unterliegt. So erweisen sich Filme und TV-Serien der Populärkultur als äusserst fruchtbare Quelle: Sie nämlich vermitteln Bilder, die sich in einen hegemonialen, von geschlechtsspezifischen Normen und Zwängen konstituierten Kanon einschreiben. Diese Bilder werden durch Rezipient*innen iteriert und in ihr tägliches Handeln übersetzt, woraus so etwas wie eine soziale Realität entsteht, die wiederum von Medien reproduziert und legitimiert wird. Dabei handelt es sich um eine subtile, oft nicht a priori fassbare beziehungsweise verdaubare, selten hinterfragte kulturelle Grammatik, durch welche Geschlecht her- und dargestellt wird. Durch szenische Darstellungen der Populärkultur werden so legitimierte Handlungsräume geschaffen, an denen sich Rezipient*innen orientieren oder sich ihnen wiederfinden. Qua Abbildungen beziehungsweise Annäherung an die soziale Realität reproduzieren und festigen TV-Serien und Filme reduktionistische geschlechtsspezifische Verhaltensweisen im Kontext von Foodkonsum.
Im gestalterischen Teil ihrer Masterarbeit unternimmt Laura Haensler schliesslich den Versuch, diesen perpetuierenden Kreislauf aus Medien, Reproduktion und Festigung von vergeschlechtlichten Normen sichtbar zu machen und durch experimentelle Foodtools zu entstellen. Dabei agiert Design nicht nur als zu untersuchenden Corpus Delicti sondern als Sprache und Akteur, um die hier diskutierte Thematik in eine erfahrbare Sprache zu transformieren.
Was diese Masterarbeit versucht, ist, nebst einer theoretischen und praktischen Auseinandersetzung mit der vorliegenden Thematik, den Einfluss und die damit verbundene Wichtigkeit des Bewusstseins von Gender auf unsere Alltagskultur und insbesondere des Design, das uns täglich umgibt, sichtbar zu machen. Eine Auseinandersetzung mit der Bedeutung von Design kommt nicht umhin, auch den Parameter «Gender» mitzudenken. Gender ist ein irreduzibler Bestandteil unseres Handelns, Denkens und Interagierens – Design kann niemals neutral sein und der Einfluss und die Bedeutung von Geschlecht auf Design darf keinesfalls negiert werden. Der aktuelle Forschungsstand und State of the Art zeigen jedoch deutlich, dass dies noch viel zu selten geschieht und sich ein enormes Forschungsfeld im Spannungsfeld von Design und Gender auftut, das es zu bearbeiten gilt.
So knüpft das Forschungsprojekt Über die Interdependenz von Design und Gender an Erkenntnissen und Ansätzen der Masterarbeit Chips & Cheats an und denkt sie weiter: Welche Familienbilder, Rollenmodelle und Identitätskonstruktionen lassen sich am Akt des Essens ableiten und dechiffrieren? Wie wird Geschlecht in der Küche, im Esszimmer und an der Tafel hergestellt?
Das Projekt dient der Vorbereitung eines Forschungsantrages zum Thema Design und Gender. Geplant sind mehrere Teilprojekte zu verschiedenen Bereichen der Alltagskultur, neben dem Thema Essen auch Kleidung und Mode. Im Rahmen der Nachwuchsförderung beschäftigt sich Laura Haensler mit der Evaluierung möglicher Forschungsfelder und Forschungsfragen, Quellenlagen, potentiellen Kooperationspartner *innen und diskutiert diese mit einem Team von Expert*innen.